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Rotkäppchen schlägt Radeberger

Ostprodukte finden sich auch in West-Regalen. Aber ob jemand aus Heimatliebe kauft, das hängt vom Alter ab.

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© dpa

Von Georg Moeritz

Dresden. Kennen Sie Heichelheimer und Greußener? Schon mal probiert? Dann sind Sie vermutlich Thüringen-Fans. Denn Heichelheimer Klöße und Greußener Salami sind Ostprodukte, die es nur in einem Teil Ostdeutschlands zu Bekanntheit gebracht haben – mehr in ihrer Thüringer Heimat als in Sachsen. Selbst der Sekt von Schloß Wackerbarth aus Radebeul, von einem sächsischen Staatsbetrieb produziert, ist keine Marke mit großem Ruhm in allen fünf neuen Bundesländern. Das hat eine West-Ost-Markenstudie im Auftrag der MDR-Werbung ergeben. 2.000 Verbraucher im Osten und 1.000 im Westen wurden vom Erfurter Institut IMK gefragt.

Rotkäppchen aus Sachsen-Anhalt hat es als einzige Marke auf eine Spitzenposition geschafft: Fragt man Ost- und Westdeutsche nach Sektnamen, dann fällt überall dieser Name am meisten. So weit ist Radeberger unter den Biermarken noch nicht: Das Pilsener aus Sachsen kommt im Westen auf Platz neun und selbst im Osten nur auf Platz zwei der bekanntesten Biere. Vorn liegt in Ost wie West Beck’s.

Vertrauen in Dr. Oetker und Iglo

Dabei gelten Markenprodukte aus den neuen Ländern in ihrer Heimat als sympathischer, sagt Hils von Haken, Geschäftsführer der MDR-Werbung. Und er nennt noch mehr positive Eigenschaften, die Ostdeutsche angeblich mit Ostprodukten verbinden: glaubwürdiger, kultiger, ehrlicher – und preiswerter. Es kommt aber darauf an, wen man fragt. Ostdeutsche ab 40 neigen zu Lob für Ostprodukte, jüngere weniger. Die Folge, laut von Haken: „Der Patriotismus für die Marken aus dem Osten wächst sich langsam aus.“

Zur gleichen Einschätzung kommt Ralf Sippel, Geschäftsführer der Werbeagentur Zebra-Consult in Dresden. Ostprodukte müssten einer „Verjüngungskur“ unterzogen werden, denn allein wegen ihrer Tradition kämen sie immer weniger in den Einkaufswagen. Die Werbe-Experten sprechen allerdings auch aus Eigennutz: Sie wollen Reklame-Ideen verkaufen. Manche Firmen scheinen das aber kaum nötig zu haben: Das Waschmittel Spee wird noch immer von vielen Befragten als Ostprodukt bewertet, obwohl der Henkel-Konzern die Produktion von Genthin in Sachsen-Anhalt nach Düsseldorf verlagert hat.

Als gesamtdeutsche Marken mit Vertrauensbonus gelten laut Studie Dr. Oetker und Iglo. Dass zum Oetker-Konzern auch Radeberger, Freiberger und Sternburg Pils aus Sachsen gehören, dürfte vielen Käufern gar nicht bekannt sein.

Jeder fünfte Euro für Lebensmittel

Die MDR-Werbe-Experten haben in ihrer Umfrage 60 Ost-Markennamen verwendet. Im gesamten Osten bekannt sind demnach etwa Bautz‘ner, Nudossi, Filinchen, Halloren und Fit. So manches Mineralwasser hat dagegen nur regionale Bedeutung – aber darauf haben sich Werbung und Vertrieb der Firmen längst eingestellt.

Die Werber betonen, dass Reklame in West- und Ostdeutschland weiterhin nicht dieselbe Wirkung habe. Im Osten werde später eingekauft, und der Sonnabend sei der wichtigere Einkaufstag. Im Westen seien Freitag und Donnerstag wichtiger. Im Osten wird weniger Geld für Lebensmittel ausgegeben, weil weniger Geld zur Verfügung steht. Aber der Anteil am Haushaltsnetto-Einkommen ist in West und Ost gleich: 21 Prozent für Lebensmittel.