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Rotkäppchen im Rausch

Die Sektkellerei schreibt ihre Erfolgsgeschichte fort – und will nun auch im Ausland wachsen.

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© Rotkäppchen-Mumm

Von Sven Heitkamp

Ein ehemaliges Ostprodukt setzt seinen Siegeszug in Deutschland und Europa weiter fort: Rotkäppchen aus Freyburg an der Unstrut kratzt mittlerweile an der Eine-Milliarde-Marke. Der Sektkonzern erreichte 2016 einen Gesamtumsatz von 986 Millionen Euro. „Es war das erfolgreichste Jahr in der bisherigen Unternehmensgeschichte“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Christof Queisser, gestern in Leipzig. Allein von der Hausmarke Rotkäppchen wurden voriges Jahr 125 600 000 Flaschen verkauft, noch mal 11,6 Millionen mehr als im Jahr zuvor. Allerdings wird in Deutschland immer nüchterner gefeiert: Der Verkauf des alkoholfreien Rotkäppchen-Sekts stieg allein um satte 20 Prozent auf 6,8 Millionen Flaschen.

Egal, ob mit Alkohol oder ohne: Die traditionsreiche ostdeutsche Sektkellerei bleibt derzeit die stärkste Sektmarke in Deutschland, und mit großem Abstand der unangefochtene Marktführer: Rotkäppchen-Mumm verbucht heute einen Marktanteil von 55 Prozent. „Wir haben die beliebteste Sektmarke aller Deutschen – im Osten wie im Westen“, so Queisser. Rotkäppchen gehöre heute laut offiziellen Studien neben Apple und Coca-Cola, Miele, Nivea und Bosch zu den zehn besten Produktmarken. Es sei ein gutes Zeichen, sich als „kleiner Mitterständler“ neben internationalen Konzernen behaupten zu können. Angaben zum Gewinn macht das Familienunternehmen indessen nicht. Außerdem schätzt das Gute-Laune-Haus seine Zukunft gern konservativ ein: In diesem Jahr gehe es vor allem darum, meinte Queisser zurückhaltend, die renommierten Marken und ihre Qualität vor einem drohenden Preisverfall zu schützen.

Marktführer in Deutschland

So viel Zurückhaltung fällt allerdings auch in den Bereich des höflichen Understatements. Denn nachdem das Unternehmen aus Sachsen-Anhalt in der Vergangenheit bundesweit einige große Marken zugekauft hat, gehören ihm heute unter anderem angesehene Namen wie Mumm, MM Extra und Geldermann beim Sekt, außerdem die Blanchet-Weine, dazu Echter Nordhäuser Doppelkorn sowie Asmussen Rum, die Weinbrand-Marken Chantré und Mariacron, die Liköre von Eckes Edelkirsch und der Kräuterlikör Fläminger Jagd. Auch bei den Spirituosen ist der Konzern heute Marktführer in Deutschland. Insgesamt seien voriges Jahr 271,2 Millionen Flaschen Sekt, Wein und Spirituosen verkauft worden – sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor, heißt es in der Jahresbilanz. Auch die Mitarbeiterzahlen steigen: Zum Konzern gehören heute 636 Beschäftigte, 190 davon in Freyburg. Die weiteren Kollegen arbeiten unter anderem in Nordhausen am Harz, in Eltville und in Breisach am Rhein.

Mittlerweile expandiert der Konzern aber nicht nur in Deutschland, sondern treibt auch seinen neuen Kurs der Internationalisierung voran: Anfang 2017 haben die Freyburger frech den prominenten Prosecco-Produzenten Ruggeri in Italien gekauft. Es sei eine „kleine feine, sehr moderne“ Manufaktur, so Queisser, ein Familienbetrieb mit rund 30 Mitarbeitern, die einen weltweit ausgezeichneten DOCG-Prosecco produzieren. Ruggeri soll dabei nicht nur das Premium-Geschäft von Rotkäppchen-Mumm ergänzen, sondern auch Tore in die Welt öffnen. Die führende Prosecco-Kellerei sei in 30 Ländern weltweit erhältlich, darunter auch in Metropolen wie New York, Hanoi und Sydney. „Diese Plattform ist für uns enorm wichtig“, so Queisser. Mit Ruggeri im Portfolio würden sich neue Chancen und Möglichkeiten im internationalen Vertrieb ergeben – und in der Eroberung von Märkten für Rotkäppchen in Asien und den USA. Bisher werden von gut 270 Millionen Flaschen nur etwa fünf Millionen im Ausland verkauft, vor allem in Tschechien und jetzt in Italien.

Von Italienern lernen

Daneben hoffen die Traditionswinzer, deren Unternehmenswurzeln 160 Jahre zurückreichen, auf neue Kompetenzen aus dem norditalienischen Venetien: „Was an unserem neuen Standort in Italien geleistet wird, ist für uns alle extrem spannend und lehrreich. Von dem herausragenden Wissen der Ruggeri-Macher können wir alle nur profitieren“, sagte Queisser.

Bereits heute investiert Rotkäppchen in seine Anlagen. Am Stammsitz in Freyburg entstehen derzeit eine neue Flaschen-Glaslagerhalle sowie ein neuer Gär- und Reifekeller. In hessischen Eltville am Rhein wurden 15 Millionen Euro in eine neue Entalkoholisierungsanlage für „Mumm alkoholfrei“ investiert. Viel Geld fließt zudem in die moderne, individualisierte Vermarktung. Rotkäppchen-Fans können sich heute persönliche Flaschenetiketten für ihre Feiern erstellen und zuschicken lassen. Und auch die Werbung in sozialen Medien nimmt großen Raum ein. „Anhand der Reaktionen auf Facebook“, so Queisser, „können wir unsere Produktion anpassen.“