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Rote Laterne bei Leerstand

Mit einem Projekt will Rietschen gegensteuern. Der erste Schritt ist getan. Dann sollen auch die Einwohner ran.

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© André Schulze

Von Carla Mattern

Tanja und Frank Weiß haben gefunden, was sie suchten. Das Paar hatte zwar in Frankfurt/Oder ein Grundstück mit Haus, einen Freundeskreis und auch Arbeit, aber es zog die beiden in die Oberlausitz. In Rietschen lebt die Tochter mit Mann und Kindern. Die Suche nach einem passsenden Baugrundstück im näheren Umfeld erwies sich aus der Ferne als gar nicht so einfach. In der Stadt Niesky, die dem Paar auch gut gefällt mit seinen Holzhaussiedlungen, fand sich nichts.

Eine Anfrage ans Rathaus in Rietschen brachte den Rand-Hauptstädtern dann eine Liste mit kommunalen Grundstücken ins Haus und einen Spaziergang mit Rietschens Bürgermeister Ralf Brehmer ein. „Er nahm sich die Zeit und zeigte uns Grundstücke“, erzählt Tanja Weiß. Doch das Richtige war nicht dabei. Eine kleine Anzeige im Rietschener Amtsblatt brachte dann einige Angebote. Mittlerweile lebt Familie Weiß an einem, wie die Hausherrin sagt, schönen Fleckchen Rietschen auf einem ehemaligen Gartengrundstück. Das Haus steht, die Enkel sind nah, alles passt.

Gewerberäume finden, Baugrundstücke, Bauernhöfe oder Häuser – keine leichte Angelegenheit, wenn man auf Inserate in Online-Portalen oder Anzeigen in verschiedenen Medien angewiesen ist. Wer in der Nähe wohnt, oder jemanden kennt, der erfährt auch von den Unter-der-Hand-Angeboten. Doch von weiter weg erweist es sich als hilfreich, wenn am künftigen neuen Heimatort Unterstützung zu bekommen ist. Solch eine will Rietschen künftig bieten und das Thema dabei gleich noch in das große Ganze einbinden.

Denn das tut not, wie eine Aussage aus der Leader-Entwicklungsstrategie der Region Lausitzer Seenland zeigt. Demnach wird die Gemeinde Rietschen innerhalb der Gemeinden dieser Region, zu der unter anderem auch Kreba-Neudorf und Boxberg gehören, als Gemeinde mit der höchsten Leerstandsquote benannt. Knapp elf Prozent Leerstand wird Rietschen da attestiert. Wie diese Zahl zustande kommt, das hätte der Rietschener Gemeinderat Helmut Perk gerne gewusst. Doch unabhängig davon steht fest, dass das Thema ein ganz wichtiges ist. „Zu den Problemen aktuell leer stehender Objekte mit ihren Folgeerscheinungen wie Wertverfall und Imageverlust kommt die Gefahr potenziellen Leerfalls weiterer Objekte aufgrund der demografischen Entwicklung“, schreibt die Rietschener Verwaltung in einem Papier, das aufzeigen soll, welche Probleme es gibt und wie ihnen zu Leibe gerückt werden kann.

Hinter dem etwas sperrigen Titel Leerstandsentwicklungskonzept – der nicht etwa meint, wie man den Leerstand noch weiterentwickeln also verbessern kann – verbirgt sich eine Handlungsanleitung. Die diskutierten jetzt die Gemeinderäte und berufenen Bürger im Technischen Ausschuss am Montag. Dem Vorschlag zufolge müsste es zwei Phasen geben. In der ersten werden die Grundlagen geschaffen, also der Bestand erfasst und Einwohner wie Eigentümer einbezogen. Daraus müssten dann sowohl ein Plan für die Entwicklung der Gebäude als auch ein Maßnahmeplan entstehen.

Dann wäre zu überlegen, welche Arbeitsmittel notwendig sind, um das Thema zu bearbeiten. Beispielsweise ein Internetmodul könnte aufgebaut werden. Das müsste gepflegt, also regelmäßig aktualisiert werden. Zum einen braucht es dazu immer wieder die aktuellen Informationen und eine Person, die dieses Internetportal oder -Modul bearbeitet. Das könnte ein Leerstandsmanager leisten, der entweder als Teilzeitkraft bei der Verwaltung angesiedelt oder von einem externen Dienstleiter gestellt wird. Während für die vorbereitende Phase etwa ein halbes Jahr bis acht Monate benötigt werden, soll die Umsetzungsphase erst einmal zwei bis drei Jahre dauern, so der Vorschlag.

Dass es notwendig ist, sich damit zu befassen, dazu gab es keine gegenteilige Meinung. Doch gleich einen neuen Leerstandsmanager einzustellen, das wäre für Gemeinderat Bernd Hilke zu viel des Guten, zumal Rietschen einen Gebäudemanager hat. Er teilt aber die Sorge von Gemeinderat Helmut Perk, dass in der Rothenburger Straße bald ein ganzer Straßenzug leer stehen könnte. Eines wurde auch ganz klar festgestellt, Rietschen als Gemeinde will sich nicht als Makler betätigen.

Doch auch bei privaten Eigentümern nachzufragen, von denen das schon bekannt ist, ob und wann sie möglicherweise verkaufen wollen, auf verschiedenen Wegen auch Einwohner einzubeziehen, das wäre für das Leerstandskataster eine große Bereicherung. Die Ausschussmitglieder sind sich einig: Das Projekt soll in Angriff genommen werden.