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Rote Karte für die Plakatierer

Das Rathaus möchte sich die Vermüllung in Görlitz nicht mehr länger ansehen. Allerdings hat die Sache zwei Haken.

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© Archivfoto: Nikolai Schmidt

Von Ingo Kramer

Die Entscheidung ist gefallen: „Wir kündigen allen drei Firmen, mit denen wir Werbeverträge haben“, sagt Bauamtsleiter Torsten Tschage auf SZ-Nachfrage. Hintergrund ist der seit vielen Jahren bestehende Ärger, dass der Klebstoff an den großen Plakatwänden nicht hält – und die Plakate vor allem bei Wind und Regen abfallen und das Stadtbild verschandeln. Stadträte wie Günter Friedrich (Bürger für Görlitz) sprechen das Thema seit Jahren regelmäßig in Ausschusssitzungen an, Ex-Stadtrat Raphael Schmidt hat sich wiederholt an den OB gewandt, die Verwaltung hat Gespräche mit den Plakatierern geführt. Geändert hat sich dadurch nichts. Bis jetzt.

„Das Thema Klebstoff haben wir inzwischen durchleuchtet“, sagt Tschage. Ergebnis: Der Leim wird auf Zellulosebasis hergestellt, ist also umweltverträglich. Das ist auch nötig, weil er ausgespült wird. Er hat eine Aushärtungszeit von zwei Tagen. Bei Regen kommt es zu Verzögerungen – oder der Leim hat gar keine Chance, auszuhärten. „Wir haben andere Städte befragt, sie haben das gleiche Problem“, sagt Tschage.

Am Mittwoch hat er diese Fakten den Stadträten im nichtöffentlichen Teil des Technischen Ausschusses vorgestellt. Dort fiel die Entscheidung, die drei Verträge zu kündigen. Allerdings hat die Sache zwei Haken. Erstens: Nur etwa ein Drittel der Plakatwände steht auf städtischen Flächen. „Auf die anderen zwei Drittel haben wir keinen Einfluss“, erklärt der Amtsleiter. Und zweitens: Die Verträge mit den Plakatierern haben sehr lange Laufzeiten, in einem Fall bis Dezember 2022. Nur einer der drei Verträge ist jährlich kündbar.

Die Stadt will jetzt mit den Firmen verhandeln. Das Ziel ist, eher aus den Vertragsverhältnissen herauszukommen. Ob das gelingt, ist vom Verhandlungsgeschick der Stadt abhängig. „Wir werden mit den Firmen reden, und zwar an meinem Tisch“, sagt Tschage. Trotzdem will die Stadt aber nicht auf die Werbeeinnahmen verzichten. Ziel ist ein neuer, besserer Vertrag – aber nicht mit drei Firmen, sondern nur noch mit einer. Die alten Verträge sind teilweise aus dem Jahr 1992. „Die bedürfen auf jeden Fall einer Anpassung“, so Tschage. Auch die Standorte der Tafeln sollen in diesem Zusammenhang überprüft werden. Manche von ihnen könnten wegfallen, dafür eventuell andere hinzukommen.

Auch die Frage, aus welchem Material die Plakate künftig sein sollen, muss noch geklärt werden. Papier wie bisher wäre möglich, Tschage bringt aber auch eine elektronische Variante ins Spiel. Oder Planen aus Kunststoff. Diese Lösung hatte Andreas Ch. de Morales Roque von der Görlitzer Incaming Media GmbH kürzlich vorgeschlagen. Er testet das derzeit an der Sattigstraße. „Mal sehen, ob das von den Werbefirmen anerkannt wird“, sagt Tschage. Letztlich sei es auch eine Frage der Finanzierung: „Da wären ja Patentrechte zu bezahlen.“ Somit ist derzeit völlig offen, ob das die Lösung für die Zukunft ist, und wenn ja, wie schnell. In erster Linie hängt jetzt alles davon ab, wie schnell die Stadt aus den alten Verträgen herauskommt.