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Rockklassiker mit Tabaksqualm

Die Musikkneipe 211 in Freital ist ein Treffpunkt für alle, die es urig mögen – und rauchen. Am Sonnabend gibt es ein Konzert.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Thomas Morgenroth

Freital. „Ach, so etwas gibt es noch?“ Diese Frage stellt sich mancher Gast, wenn er zum ersten Mal die Musikkneipe 211 an der Dresdner Straße in Deuben betritt. Dass da eine Rockband live Musik spielt, kommt auch andernorts vor, freilich kaum in Freital. Dass da aber in dem mit einer Glastür abgetrennten Raum weißgraue Wölkchen aufsteigen, die nicht nur aus Wasserdampf bestehen, ist heutzutage schon exotisch.

„Ja, Raucher sind hier willkommen“, sagt Ilona Kirsten und steckt sich gleich selbst eine Zigarette an – im Raucherbereich natürlich. Wer zur Band will, muss allerdings auch als Nichtraucher die Raucherei ertragen, was aber letztlich die freie Entscheidung jedes Gastes ist – er muss nicht, der Eintritt ist ja frei. Ohne diesen Raucherbereich „wäre hier schon längst geschlossen“, ist sich Ilona Kirsten sicher, die gemeinsam mit ihrem Mann Dieter Kirsten, der übrigens Nichtraucher ist, den Laden betreibt. Mehr als achtzig Prozent ihrer Kundschaft seien nun mal Raucher, meint Kirsten. Und die wollen sich gern in einer urigen Eckkneipe auf ein Bier und einen Schwatz treffen, Billard und Darts spielen und dabei gute Musik hören.

2001 haben Kirstens, die heute beide 60 sind, die Musikkneipe eröffnet, deren Vorbilder in Köln stehen, wo das Ehepaar zwölf Jahre lang gelebt hat. 1984 sind sie mit ihren beiden Kindern aus der DDR ausgereist, 1996 kamen sie zurück. Warum? „Freital ist unsere Heimat“, sagt Kirsten, der Maurer von Beruf ist und sich eine eigene Firma aufgebaut hatte. Ihm gehört das Eckhaus in Freital, das er auch selbst sanierte. Sein Unternehmen allerdings war 1998 am Ende. Kirsten macht dafür die schlechte Zahlungsmoral verantwortlich.

Weil aber fast zeitgleich das griechische Restaurant im Erdgeschoss auszog, bot sich Kirstens die Chance für einen beruflichen Neuanfang. Der Baufachmann und die Finanzkauffrau eröffneten eine Kneipe mit rund 80 Plätzen. Anfänglich gab es alle zwei Wochen Livemusik. Die Countryband Pick Up machte am 23. März 2001 den Anfang, der Kanadier Marty Hall spielte dort oder die Freitaler Band nine a.m., die bis zum Hochwasser im Sommer 2002 im Keller der Kneipe ihren Probenraum hatte. „Die Flut war ein Schock“, erinnert sich Kirsten. Wenigstens aber blieben die Gasträume im Erdgeschoss verschont.

Im Keller befinden sich jetzt der Billardtisch und das Zimmer des ersten offiziellen Dynamo-Fanclubs „FTL-Dynamo“. Und oben treffen sich die Menschen allabendlich ab 20 Uhr bis zwei Uhr nachts, am Wochenende auch bis um vier – außer donnerstags, da ist Ruhetag. Probleme mit den Nachbarn, sagt Kirsten, gebe es kaum, weil ringsum fast nur Geschäftshäuser sind.

Musik, oft nach Wunsch, macht Dieter Kirsten jetzt meistens selbst – auf Knopfdruck am Computer, auch für stilechte Rock’n’Roll-Partys oder sächsische Oktoberfeste. Bands spielen hingegen nur noch selten in der Musikkneipe, vor allem aus Kostengründen, wie der Gastwirt sagt. Wenigstens einmal im Jahr aber mischt der Freitaler Bassist Uli Liebschner mit seiner 2013 gegründeten Coverband Feetz den Laden auf – und zu den Rockklassikern passt ja auch irgendwie der Tabaksqualm.

Konzert mit Feetz in der Musikkneipe 211 in Freital, am 25. November, ab 20 Uhr, der Eintritt ist frei.