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Robotron-Chef mit gutem Ruf

Wolfgang Sieber spielte in Sachsens Wirtschaft und Politik eine Rolle, auch in Görlitz. Nun starb er.

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© A. Schulze

Von Sebastian Beutler

Wolfgang Siebers Büro war durchaus ein Ereignis. Über eine verwinkelte Treppe gelangte der Gast in den ersten Stock des Verwaltungsgebäudes im kleinen Gewerbegebiet mit dem Aldi-Markt an der Zittauer Straße. Nach dem Vorzimmer trat man in sein Büro, das kaum größer war und wo überall Papiere, Ordner oder Rechnungen lagen. Der Hausherr empfing den Gesprächspartner hinter einem alten Schreibtisch. Wer diese Hürde genommen hatte, der traf auf einen hellwachen Mann, der sich viele Gedanken um Görlitz und die Region machte, der über seine Investitionen sprach, über Hoffnungen und Enttäuschungen in den Jahren seit dem politischen Umbruch. Den hatte Sieber kurzzeitig in der ersten Reihe gestalten können. 1989 an die Spitze des Rates des Bezirkes gekommen, setzte er sich für die schnelle Bildung von Ländern ein, drang damit aber nicht durch, sodass er auch rasch einem Nachfolger Platz machen musste.

Siebers guter Ruf stammte aus seiner Zeit als Generaldirektor des Robotron-Kombinates. Zwischen 1973 und 1982 leitete er den größten Werksverbund, der sich in der DDR-Zeit um elektronische Datenverarbeitungsanlagen kümmerte. Darunter wurden erste Computer-Rechner verstanden, aber auch Taschenrechner, Radio, Schreibmaschinen oder Kofferfernseher. Siebers Abgang war sogar Gegenstand in einem Beitrag des Hamburger Magazins „Der Spiegel“ im Jahre 1986. Demnach sei Sieber „in aller Stille aus dem Amt gehoben worden, weil das Kombinat die Pläne offenbar nicht erfüllt hatte“. In einer SZ-Serie von 2006 hieß es hingegen, Sieber habe es sich leisten können, „sich eine Zeit lang anderen Vorstellungen der DDR-Regierung zu widersetzen.“ Nach seiner Absetzung habe man die zentrale Leitung des Kombinates dann durchgedrückt.

Sieber hat sich nach dem Umbruch beim DRK in Görlitz engagiert, dessen Präsident er mehr als 15 Jahre war und unter dessen Führung das Altersheim in Königshufen erhalten, Kitas ausgebaut und das große Dienstleistungsangebot des Verbandes aufgebaut werden konnte. Außerdem verwaltete er einen umfassenden Immobilienbesitz in Görlitz, zu dem auch das Aldi-Gewerbegebiet in Weinhübel und Schloss Bremenhain gehörten. Nun ist Sieber, kurz vor seinem 83. Geburtstag, gestorben.