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Robotron-Areal wird zu Klein-Central Park

Architekt Peter Kulka plant ein neues Viertel. Alten Zeiten will er bei der Fassadengestaltung nicht nachtrauern.

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© Visualisierung: Peter Kulka Architektur

Von Sandro Rahrisch

Peter Kulka will keinen zweiten Neumarkt bauen. Auch nicht eine Kopie der Friedrichstadt. „Nein, das hier wird die Lingnerstadt“, sagt der Dresdner Architekt. Kulka, der auch die Centrum Galerie und den Plenarsaal des sächsischen Landtags entworfen hat, macht klar, dass auf dem alten Robotron-Areal weder Häuser mit barocken Kringeln noch Gebäude im Stil der Gründerzeit entstehen werden. „Wir wollen die dichte, städtische Situation, wie sie vor 1945 war, wiederaufleben lassen, ohne es in einer banalen Rekonstruktion münden zu lassen.“

Der Dresdner Architekt Peter Kulka.
Der Dresdner Architekt Peter Kulka. © Sven Ellger

Bis zu 3 000 Wohnungen will die Kasseler Immovation AG auf der Fläche zwischen Blüherpark und Grunaer Straße sowie St. Petersburger Straße und Hygienemuseum bauen. Mit seinem Entwurf hatte Peter Kulka den städtebaulichen Wettbewerb für das Projekt „Lingner Altstadtgarten“ gewonnen. „Klein-Central Park“ nennt er es. Die Wohnungen in unmittelbarer Nähe zum Blüherpark, zur Bürgerwiese und zum Großen Garten erinnern den 78-Jährigen an die noblen New Yorker Appartements. Das neue Viertel soll genauso bunt und lebendig werden wie das amerikanische Vorbild. Eine Fassade erhält eine Putzstruktur, die nächste Naturstein, die übernächste vielleicht Ziegel. Hinzu kommen unterschiedliche Gebäudehöhen – zwischen fünf und sieben Geschosse plant er. Kulka spricht von einem Wechsel zwischen klassischer und moderner Optik. Damit jedes Gebäude so individuell wie möglich wird, sollen nebeneinanderstehende Häuser von unterschiedlichen Architekten entworfen werden. Dafür hat sich der Investor angesehene Büros wie Kulka aus Köln und Dresden, Kister aus Köln und Mäckler aus Kaiserslautern ins Boot geholt. Zur Fassadengestaltung finden derzeit Gespräche mit der Stadt Dresden statt.

Eine Hommage an die Gründerzeit, die dieses Viertel vor der Kriegszerstörung architektonisch prägte, kommt für Kulka auch der Historie wegen nicht infrage. „Die Gründerzeit war gekennzeichnet von einer Trennung zwischen Arm und Reich, das wollen wir durchbrechen“, sagt er und stellt sich eine gesunde Mischung aus großen und kleinen Wohnungen vor – für Familien mit Kindern, für Studenten, für Singles. In den Erdgeschossen werde grundsätzlich etwas mehr Luft gelassen, für Cafés, Bäckereien und Ateliers. „Wir wollen nicht von vornherein festlegen, was da hineinkommt.“

Flanierstraße zum Hygienemuseum

Ruhige Ecken zum Entspannen werde es genug geben. Die Erdgeschosswohnungen erhalten einen direkten Zugang zu den Innengärten, die darüber liegenden Etagen Balkone, die obersten Dachterrassen. Die Karrees zur St. Petersburger Straße hin werden kaum durchbrochen, damit kein Verkehrslärm in die Gärten dringt. Auf den neu angelegten Straßen soll Tempo 30 gelten, so könnten Kinder dort spielen. Zwischen dem Rathaus und dem Hygienemuseum plant Kulka eine Achse, auf der die Dresdner zum Großen Garten flanieren können. „Bislang kehrt das Hygienemuseum der Innenstadt noch den Rücken“, sagt er. Der Architekt, der das Museum ab 2002 umfassend sanierte und modernisierte, verrät, dass ein zweiter Eingang zur City hin möglich ist.

Das Gebiet, um das es geht, ist fast siebenmal so groß wie der Altmarkt. Immovation hatte die Fläche Ende 2014 gekauft. In der ersten Phase soll ein Karree mit zwölf Häusern zwischen Lingner-Allee, St. Petersburger Straße und Blüherpark gebaut werden. Kulka rechnet damit, dass die Arbeiten bereits nächstes Jahr starten können. Bauzeit: ein Jahr. Der Abriss des alten Robotron-Gebäudes „Atrium I“ hat bereits begonnen. Bis 2025 sollen die restlichen Häuser gebaut werden, zuletzt jene zur Grunaer Straße hin. Bis dahin dürften auch die noch gültigen Mietverträge für das „Atrium II“, in dem sich unter anderem die Cityherberge befindet, ausgelaufen sein. Der Bebauungsplan für die Lingnerstadt befindet sich noch in der Entwurfsphase. Kulka rechnet damit, dass er im Herbst festgesetzt wird.

Wie die Mietpreise aussehen werden, kann Kulka nicht sagen. Allerdings will er sich dafür stark machen, dass auch preisgünstiger Wohnraum entstehen wird, sagt er. Bauherren machen jedoch immer wieder darauf aufmerksam, dass für neue Wohnungen zwischen neun und zwölf Euro pro Quadratmeter Miete verlangt werden müssten, damit sich die Investitionen am Ende auch rechnen.