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Ritterschlag für den Stichlinderer

Die Erfindung eines Gröditzers hat es jetzt in das Angebot eines großen Warenhauses geschafft. Dafür liegen andere Pläne auf Eis.

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© Screenshot: SZ

Von Eric Weser

Gröditz. Italienischer Waldhonig für 25 Euro das Kilo, feine Leder-Schnürschuhe aus Budapest für mehr als 800 Euro das Paar, Nomos Uhren aus Glashütte für knapp 14 000 Euro das Stück. Das Angebot des Händlers Manufactum repräsentiert das genaue Gegenteil von „Geiz ist geil“. Handverlesen, hochwertig und nicht ganz billig sollen die Produkte sein. Die „guten Dinge“ anzubieten, das hat sich das 1987 gegründete Unternehmen auf die Fahnen geschrieben, lange bevor Nachhaltigkeit in aller Munde war. Heute gehört Manufactum zur 12 Milliarden Euro Jahresumsatz schweren Otto Group. Der zufolge bietet Manufactum etwa 8 000 Produkte von Kleidung über Möbel bis zu Lebensmitteln im Internetshop und den neun Warenhäusern. Seit einigen Tagen gehört nun auch ein Produkt aus Gröditz in die Manufactum-Welt: der Stichlinderer.

Das macht den Erfinder des kleinen Gerätes ganz schön stolz. „Es freut mich, weil das wirklich nicht jeder schafft“, sagt André Liebermann. Er hat den Stichlinderer entwickelt, nachdem ihn ein Wespenstich geplagt hatte. Per Muskelkraft lässt sich mit dem kleinen Teil eine punktuelle Hitze erzeugen. Die wird auf den Stich gedrückt, und das typische Jucken bleibt aus.

In Handarbeit fertigt Liebermann bisher jeden seiner Stichlinderer in seiner Gröditzer Garage. Die Spezialinstrumente, die dabei zum Einsatz kommen, hat der gelernte Werkzeugmacher zum Teil auch selbst konstruiert. Manufaktur-Herstellung, die voll auf der Linie von Manufactum liegt.

Auf der Suche nach Vertriebspartnern war André Liebermann bereits voriges Jahr an Manufactum herangetreten. Seit Sommer haben Kontakt und Interesse bestanden. Doch zunächst stand das Problem mit der medizinischen CE-Kennzeichnung im Raum. Als nach einigem Hin und Her ein Experte bezeugt hatte, dass diese Zertifizierung nicht nötig ist, ging alles relativ schnell. Verträge wurden unterzeichnet und Dutzende Stichlinderer an den Händler versendet. Seit Mitte Februar findet sich das Gerät nun im Produktkatalog von Manufactum. Derzeit wird es dort als Neuheit geführt, für 19 Euro das Stück angeboten und als „ökologische Alternative zu batteriebetriebenen Geräten“ angepriesen. Gleichwohl hat Manufactum auch das elektrisch betriebene Konkurrenzprodukt vorrätig: den Stichheiler für 31 Euro.

Den Gedanken, seinen Stichlinderer vielleicht in Fernost fertigen zu lassen, hat André Liebermann momentan erst einmal nicht vertieft. Auch, weil das bei Manufactum nicht gerade auf Gegenliebe gestoßen sei. Vorerst geht also jedes Gerät mit der kleinen Mücke oben drauf durch die Hände des Gröditzers.

In den vergangenen Wochen hat André Liebermann in seiner heimischen Garage wieder viele Hundert Stück seiner Stichlinderer gebaut. Noch ist Zeit, ehe in ein paar Wochen wieder die Flugsaison beginnt. Dann steht für den Gröditzer wieder eine andere Arbeit an: das Fotografieren aus der Luft. Wenn es ab Ende Mai wieder so weit ist, bleibt kaum Zeit für andere Dinge.