SZ +
Merken

Rietschen bleibt auf Fahrtkosten sitzen

Die Gemeinde bezahlt viel Geld, damit vier Schüler zur Religionsstunde kommen. Eine Unterstützung gibt es nicht.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Doreen Hotzan

Die Chancen stehen denkbar schlecht. So kann die Gemeinde Rietschen nicht auf eine finanzielle Entlastung in Hinblick auf die Fahrtkosten für vier Daubitzer Schüler hoffen. Diese werden seit geraumer Zeit per Taxi nach Niesky chauffiert, um dort am katholischen Religionsunterricht teilzunehmen. Dieser Service kostet Rietschen jährlich rund 1 800 Euro. Geld, dass die Gemeinde nicht länger bezahlen will.

Das Thema hat in der letzten Gemeinderatssitzung eine Rolle gespielt. Die Mitglieder haben sich geeinigt, die Eltern miteinzubeziehen. Sie sollen ihre Kinder fahren und könnten die entstandenen Kosten anschließend über die Kommune abrechnen. Eine Übergangslösung. Denn eigentlich müsste der Freistaat die Kosten übernehmen, so die Gemeinde. Der sieht sich nicht in der Pflicht. Weshalb nicht – die SZ gibt einen Überblick.

Wie beurteilt das Kultusministerium die Sachlage in Rietschen?

Bei den Fahrtkosten zu einem anderen Schulstandort handelt es sich nach Auffassung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) um Unterrichtswegekosten, informiert Ministeriumssprecher Dirk Reelfs. Diese seien nach Paragraph 21 Absatz 1 und Paragraph 23 Absatz 2 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen als sächliche Kosten von dem jeweiligen Schulträger zu tragen. Diese Auffassung teilt auch die Sächsische Bildungsagentur, Regionalstelle Bautzen. „Der Schulträger, also Rietschen, muss für die Fahrtkosten aufkommen. Wir müssen nicht zahlen“, sagt Pressereferentin Angela Ruscher auf SZ-Nachfrage. Das sei der Gemeinde Rietschen sowohl schriftlich als auch per Telefon mitgeteilt worden.

Welches Gesetz legt konkret fest, wer für die Fahrtkosten aufkommen muss?

Im Schulgesetz ist nicht eindeutig geregelt, welche einzelnen Kosten von wem zu tragen sind, sagt SMK-Sprecher Dirk Reelfs. Es gebe drei Aufgabenbereiche und deren Finanzierung, die zu unterscheiden seien. Das Schulgesetz regelt die Kosten in Bezug auf das Personal, so Dirk Reelfs. Der zweite Bereich dreht sich laut des SMK-Sprechers um die Kosten für die Schülerbeförderung. Diese tragen der Träger der Schülerbeförderung, anteilig der Freistaat Sachsen sowie die Eltern. So steht es im Schulgesetz. Und drittens: „Sämtliche sächliche Schulkosten hat der Schulträger zu tragen“, sagt Dirk Reelfs. Hier liegt das Problem. Denn zwischen der Gemeinde Rietschen und dem SMK bestünden unterschiedliche Auffassungen darüber, wie weit dieser Begriff der sächlichen Kosten der Schule reicht, sagt der SMK-Sprecher. Er räumt ein, dass der Freistaat zwar im Rahmen der Unterrichtsorganisation die Verantwortung für die Klassen- und Gruppenbildung trägt. Sprich: Dieser muss Lehrer zur Verfügung stellen. Aber: „In Sachsen ist die übliche Mindestgruppengröße auf zwölf Schüler festgelegt. Die Untergrenze wurde auf acht Schüler gesenkt“, erläutert Dirk Reelfs. In Ausnahmefällen werde auch für sechs Schüler ein Religionslehrer bereitgestellt. In Rietschen hingegen sind es drei, die zum Unterricht an einen anderen Schulstandort fahren müssen, sagt der SMK-Sprecher.

Warum denkt Rietschen dann, dass

der Freistaat zahlen sollte?

Die Mindestschülerzahl werde vom SMK festlegt, so Dirk Reelfs. Darauf habe die Gemeinde keinen Einfluss und daher schlussfolgere sie auch daraus, dass der Freistaat die Kosten für die Beförderung übernehmen müsse. Das sieht das SMK anders. Als Beispiel nennt Dirk Reelfs den Schwimmunterricht im Rahmen vom Fach Sport. So hat nicht jede Schule eine eigene Schwimmhalle. Es müssen andere Wege gefunden werden, damit die Schüler den Unterricht wahrnehmen können. Die Lösung: Eine Fahrt zur nächstgelegenen Schulschwimmhalle. Wer dafür bezahlt, liegt für Dirk Reelfs auf der Hand: der Schulträger. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, dass der Freistaat die Kosten für den Transport zum Unterricht an einer anderen Schule zu übernehmen hat, existiert nach Auskunft des SMK-Sprechers im Schulgesetz nicht.

Welche Lösungen gibt es, um das Problem aus der Welt zu schaffen?

Nach Auffassung des SMK muss die Gemeinde Rietschen die Kosten weiterhin übernehmen. Sie sei dazu laut Paragraph 21 Absatz 1 des Schulgesetzes verpflichtet. Lehnt die Gemeinde dies weiterhin ab, weil sie eine andere Rechtsauffassung vertritt, muss diese strittige Rechtsfrage gegebenenfalls durch die zuständigen Gerichte geklärt werden, so Dirk Reelfs. Nach wie vor sei das SMK jedoch an einer einvernehmlichen Lösung im Interesse der Schülerinnen und Schüler interessiert.