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Rietschen bevorteilt Planer vor Ort

Ein Ingenieurbüro war bei einer Ausschreibung unterlegen. Aber der Gemeinderat spricht ihm dennoch einen Großauftrag zu.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Rietschen. Der Vorschlag, der den Rietschener Gemeinderäten am Montagabend von der Gemeinde vorgelegt wurde, ist eindeutig. Das Dresdner Büro der Wüstenrot Haus- und Städtebau soll Rietschen in den kommenden Jahren bei dessen Städtebauförderung für den Ortskern Rietschen unterstützen. Denn der Bewerber hat qualitativ das beste Angebot eingereicht. Er weist nicht nur die besseren Referenzen und das bessere Grobkonzept, sondern auch die besser qualifizierten Mitarbeiter vor. Die Gemeinde hat vorab extra Kriterien aufgestellt, wonach der Auftrag vergeben werden soll.

Doch als die Angebote von zwei Bietern vorliegen und der Auftrag nach Dresden gehen soll, hadern die Gemeinderäte und der Bürgermeister mit dem Vergabemodell. „Im Nachhinein hätten wir das wahrscheinlich alle anders bewertet“, sagt ein sichtlich geknickter Ralf Brehmer. Doch warum herrscht so viel Trübsaal im Saal? Der unterlegene Bieter ist die Sweco GmbH, ein Unternehmen aus Bremen, das aber in Rietschen eine Niederlassung hat. Das leitet der Rietschener Gemeinderat Helmut Perk, der mit am Abstimmungstisch sitzt. Auch wenn er als Befangener schweigt und nicht mitentscheiden darf.

Die Rietschener Gemeinderäte sind auch deshalb so unglücklich über das Ergebnis, da die Sweco GmbH das günstigere Angebot vorgelegt hat. Sie würde für die Programmbetreuung und die Projektsteuerung durch zwei Mitarbeiter etwas mehr als 97000 Euro abrufen. Insgesamt sind bis zum Jahr 2023 mehr als 2000 Arbeitsstunden veranschlagt worden. Das Wüstenrot Büro aus Dresden kalkuliert mit rund 143000 Euro, ist also deutlich teurer. Dafür sind dem Unternehmen bei der Bewertung auch Punkte abgezogen worden. Trotzdem hat es in der Bewertungstabelle der Gemeinde die Nase vorn und müsste folglich den Auftrag erhalten.

Zumal eine Mitarbeiterin der Gemeindeverwaltung auch sehr deutlich herleitet, warum das Dresdner Büro die bessere Wahl ist. Demnach ist die Sweco GmbH in ihrem Angebot nicht nur verlangte Referenzen schuldig geblieben, sondern habe auch widersprüchliche Angaben gemacht. „Das ist sicherlich ein Schreibfehler“, wird dem Rietschener Büro zu Gute gehalten. Die Sympathien sind bei Verwaltung und Rat ganz offensichtlich klar verteilt.

Ein Gemeinderat stellt schließlich den offiziellen Antrag, dass die Sweco GmbH den Auftrag erhält. Mit sechs Ja-Stimmen wird dieser zur Überraschung vieler auch angenommen. Zwei Räte enthielten sich, zwei andere votieren dagegen. Darunter auch Bürgermeister Ralf Brehmer. Wohl wissend, dass Rietschen den Wettebewerb respektieren muss, wenn es von einer öffentlichen Städtebauförderung profitieren will. Rietschen sind 1,7 Millionen Euro für die Sanierung des Ortskernes in Aussicht gestellt worden.