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Riesenleinwand für den Airbrush-Künstler

Steffen Neumann hat Autos, Motorräder und Flugzeuge gestaltet. Jetzt bemalt er eine Wand an der Tharandter Straße.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Dorit Oehme

Freital. Ein schmaler Schattenstreifen macht’s möglich. Die Mittagssonne kracht zwar auf die 74 Meter lange und vier Meter hohe Betonwand, hinter der Kies und Sand lagern. Aber an der gereinigten und oberflächenbehandelten Vorderseite steht Steffen Neumann auf der Leiter. Der 52-Jährige ist Airbrush-Künstler. Seit Ende Mai arbeitet er an seinem großen Wandbild auf dem Gelände der Firma Transportbeton Ottendorf-Okrilla an der Tharandter Straße zwischen Dresden und Freital.

Seine feinen Airbrush-Pistolen, die kaum größer als ein Kugelschreiber sind, hat er gegen Stifte, Pinsel, Schwämme und Rollen getauscht. Sein Atelier im Freitaler Brückenviertel sucht er nur noch an Regentagen auf. „Am 1. August soll dieses Wandbild fertig sein. Es ist mein größtes Projekt, seitdem ich mich 2010 selbstständig gemacht habe“, sagt Neumann. Er legt den Pinsel beiseite, zieht den Arbeits-Entwurf aus der Tasche und geht zu der kleinen Brücke, die hier über die Weißeritz führt.

„Mehrmals am Tag schaue ich mir die Wand aus der Distanz – von der Tharandter Straße aus – an“, sagt der Künstler. Unterwegs erzählt er, wie er zu der „Riesenleinwand“ aus Beton gekommen ist: „Als ich in mein Atelier fuhr, fiel mir die freie Fläche plötzlich auf. Bäume hatten sie bisher verdeckt, nun waren sie gefällt worden.“

Für zehn Jahre und länger

Gleich am nächsten Werktag sprach er mit der Leitung der Transportbeton-Firma. „Für zehn Jahre habe ich die Wand zur Verfügung gestellt bekommen. Eine Verlängerung ist möglich“, sagt der Künstler. Dann schaut er über den Fluss zu seinem Werk hinüber. Der Verkehr rauscht hinter ihm vorbei. Bis zum Ortseingang Freital ist es nicht weit. Mit dem Ziegelwerk Eder, der Bombastus-Werke AG und der Papierfabrik Hainsberg präsentieren sich jetzt schon drei Firmen der Stadt auf dem Wandbild. „Sie haben mir die Möglichkeit gegeben, mein Projekt umzusetzen. Ich gestalte Werbung, die schön verpackt ist“, betont Neumann. Von der Stadt Freital habe er sich mehr Unterstützung bei der Vermittlung von Firmen gewünscht. „Jetzt hoffe ich darauf, dass sie die Genehmigung dafür gibt, dass ich das Stadtwappen verwenden darf.“ Auch eine Ansicht Dresdens und ein altes sächsisches Wappen will Neumann gestalten. Außerdem bezieht er das Betonwerk und die Dresdner Garten- und Landschaftsbaufirma, die das Gelände von Wildwuchs freihält, in die Darstellung ein. „Die Passanten dürfen auch noch auf so manche Details und Überraschungen gespannt sein“, verrät er.

Helme für Autorennen und Shows

Aus Kostengründen sprüht Neumann diesmal nicht. Die jetzige Wand sei eine Herausforderung. „Sie hätte im Vergleich zu ihrer Länge gern etwas höher sein können. Auch mit den Rillen zwischen den Platten müssen wir umgehen“, sagt Neumann. Er hat einen Helfer, der ihn fast vom Beginn seiner Zeit als Airbrusher kennt. Steffen Neumann hat Bergmann gelernt und fünf Jahre unter Tage gearbeitet. „Gezeichnet habe ich schon als Kind gern.“ Für die Airbrush-Kunst ließ er sich inspirieren von dem Schweizer Künstler Hansruedi Giger, kurz HR Giger, der die Filmfigur des „Alien“ geschaffen hat – und dafür mit einem Oscar prämiert wurde. Das Handwerk lernte Neumann dann bei Herbert Spindler, dem Airbrush-Europameister von 1998, und autodidaktisch.

„Ich beobachte viel und bleibe eher auf Abstand. Es ist aber interessant, jetzt in der Öffentlichkeit zu arbeiten.“ Helme, die Neumann gestaltet hat, werden zu Autorennen oder Shows getragen. Segelflugzeuge und Motorräder sind mit seiner Handschrift unterwegs. Auch privat lebt Neumann mit seiner Malerei. „Meine Wohnung habe ich minimalistisch eingerichtet. So habe ich die Freiheit, die Wände zu gestalten.“ Für die Zukunft wünsche er sich auch Aufträge für weitere große Außenwände. „Unsere Städte sollten bunter werden“, sagt Steffen Neumann.