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Riesas Baumeister

TS Bau ist das größte Bauunternehmen der Region – und hat in 25 Jahren viele Spuren hinterlassen.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Eigentlich ist das Abfall. Bergeweise türmt sich die dunkelgraue Schlacke am Rand von Glaubitz. Gleich dahinter beginnen weite Felder, in denen nur hohe Windräder Akzente setzen. Anwohner gibt es hier nicht. Das ist auch besser so. Krachend wird die im Stahlwerk anfallende Schlacke von einer Anlage in verschiedene Haufen sortiert: ein Berg mit Bruchstücken wie kleine Koffer, ein Berg mit faustgroßem Material, ein Berg aus Krümeln.

Aus dem Abfallprodukt soll wieder etwas Neues werden, sagt Michael Benedikt. „Wir nutzen die Schlacke im Straßenbau als Frostschutzschicht“, sagt der Geschäftsführer des Unternehmens TS Bau. Das größte Bauunternehmen der Region hat am Freitag sein 25-jähriges Bestehen gefeiert: 1991 war die Baufirma aus der Bauabteilung des Stahlwerks Riesa heraus entstanden – von wo auch zweieinhalb Jahrzehnte später die Schlacke kommt, die auf dem Baustoff- und Recyclinghof in Glaubitz zwischengelagert und verarbeitet wird.

Anfang der 90er investierte ein westdeutsches Unternehmen in Riesa, dadurch entstand die Firma Bau-Union, die nach mehreren Fusionen und Umbenennungen heute unter TS Bau Riesa firmiert – wobei die beiden Großbuchstaben von „Thyssen Schachtbau“ stammen. Das 177-Mitarbeiter-Unternehmen hat das Stadtbild in den vergangenen zwei Jahrzehnten wohl so stark geprägt wie kein Zweites: TS Bau hat das markante gläserne Sparkassengebäude errichtet – in dem jetzt das Firmenjubiläum gefeiert wurde –, den Riesenhügel, das Quali-Zentrum. Der Umbau des Hotel Mercure, der Nudelfabrik, des altersgerechten Wohnens auf der Alleestraße stammt von ihnen. Vor wenigen Wochen erst hat TS Bau die Grube für die Erweiterung des Krankenhauses in Riesa ausgehoben. Jetzt ist die Ortsumfahrung Mühlberg dran – auch dort wird wohl Schlacke aus dem Stahlwerk verbaut werden.

„Mit der Auftragslage sind wir eigentlich zufrieden, auch wenn sie natürlich immer noch besser sein könnte“, sagt Michael Benedikt. Kurioserweise machen die milden Winter der vergangenen Jahre Ärger: So war quasi durchgängig Bauwetter – und der Umsatz von rund 25 Millionen Euro pro Jahr verteilt sich auf zwölf Monate, nicht wie eigentlich branchentypisch auf die acht oder neun Monate der Bauperiode. Das Saison-Kurzarbeitergeld, wie das Schlechtwettergeld heute heißt, können Unternehmen aber nur von Dezember bis März nutzen. Wird im Winter gebaut und die Auftragslücke kommt erst im Sommer, geht das auf Kosten der Unternehmen.

Deutlich größere Sorgen aber macht TS Bau – wie so vielen anderen Betrieben der Region – der Nachwuchsmangel. „Wir bilden 15 Lehrlinge aus und wurden von der Arbeitsagentur gerade erst für die gute Qualität der Nachwuchsförderung ausgezeichnet“, sagt Personalchefin Silvia Pfeifer. Allerdings falle es immer schwerer, junge Leute als angehende Stahlbetonbauer, Maurer, Industriemechaniker, Straßen-, Kanal- oder Gleisbauer zu finden. „Man hat den Eindruck, dass Jugendliche heute lieber Versicherungen verkaufen oder in der Verwaltung arbeiten wollen, als auf dem Bau ihr Geld zu verdienen“, sagt Michael Benedikt. Dabei liege der Altersschnitt in manchen Kolonnen bei über 50.

Noch schwieriger als Lehrlinge seien derzeit Bauingenieure zu finden. Dabei bezahle man ordentlich nach Tarif – der Mindestlohn sei überhaupt kein Thema. Zudem würden zwei Drittel der Mitarbeiter auf Baustellen in der Region arbeiten, sodass das Pendeln insgesamt überschaubar bleibe. Grundsätzlich sind die Baustellen aber deutschlandweit – so wie jetzt bei Hamburg, wo TS Bau ein großes Umspannwerk baut. „Durch die Energiewende sind viele Umspannwerke zu errichten oder zu erweitern, um künftig mehr Strom von Norden nach Süden transportieren zu können“, sagt der Bauingenieur. Damit hat das Unternehmen seit 2007 schon reichlich Erfahrung gesammelt. Bei Feralpi in Riesa oder Wacker in Nünchritz ist TS Bau ohnehin regelmäßig im Einsatz, auch ein großer Auftrag beim Porsche-Werk in Leipzig steht auf der Referenzen-Liste.

Neben dem Hoch- und Industriebau gehören die Sparten Abbruch und Recycling und Gleisbau zu den Spezialitäten des Unternehmens, das seit 1999 seinen Verwaltungssitz gleich hinter der JVA Zeithain in Glaubitz hat. Bahnfahrer erinnern sich vielleicht daran, dass TS Bau auch den Bahnhof Elsterwerda samt Fußgängerunterführung, Bahnsteigen und Gleisen neu gestaltet hat. Vor allem aber kennt man TS Bau auch für den Straßen- und Tiefbau: So ist das Unternehmen nicht nur für die B 98/Ortsumfahrung Großenhain verantwortlich, sondern auch für die neue B 169 zwischen Zeithain und Seerhausen. „Gern würden wir auch das fehlende Stück zur Autobahn bauen“, sagt Michael Benedikt. „Am liebsten gleich morgen.“