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Riesaer soll Enkelin missbraucht haben

Der 57-Jährige soll das Kind zum Oralsex überredet haben. Der Angeklagte schweigt zum Prozessauftakt in Dresden.

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© Symbolbild/dpa

Von Stephan Klingbeil

Riesa/Dresden. Damit hatte die Erzieherin nicht gerechnet. Die kleine Juliette* aus Riesa war eher ruhig, veränderte sich aber mit der Zeit. Sie ging auf Tuchfühlung mit Mitschülern und Pädagogen, fluchte, benutzte üble Schimpfworte, fragte Kinder auf dem Schulhof „Komm, lass uns ficken“. So weit, so schlimm. Doch die Worte, die an jenem Ferientag im Juli 2013 aus dem Mädchen herausplatzten, haben die Hortmitarbeiterin geschockt, wie sie erklärt.

„Ich habe den Pimmel von Opa im Mund gehabt“, habe die damals Achtjährige aus heiterem Himmel gesagt. Kurz darauf wiederholte sie den Satz. Das Jugendamt wird eingeschaltet, wenig später die Polizei. Seit Dienstag muss sich der Großvater des Mädchens vor der Großen Jugendkammer am Landgericht Dresden verantworten. Schwerer sexueller Missbrauch wird dem 57-jährigen Riesaer dort vorgeworfen. In einem nicht näher benannten Zeitraum in den Jahren 2012 und 2013 habe er seine Enkeltochter zum Oralsex überredet und dabei begrapscht. Als Gegenleistung hätte er dem Kind beim ersten Mal eine Barbiepuppe als Geschenk versprochen.

Laut Staatsanwaltschaft gab es mindestens vier solcher Missbrauchsfälle. Einmal habe er sich laut Anklage nach dem Mittagessen im Bad seiner Wohnung an ihr zu schaffen gemacht; an einem anderen Ferientag im Wasserbassin in seinem Garten, die weiteren zwei Male in der Gartenlaube.

Wie das Kind später gegenüber Erziehern offenbart haben soll, hätte es „sich schütteln müssen“ während des Missbrauchs – womöglich waren das kleinere epileptische Anfälle. Später wurden jedenfalls ebensolche bei der Achtjährigen diagnostiziert. Der Beschuldigte hätte aber laut dem Mädchen trotz der Schüttelanfälle nicht von ihr abgelassen. Später hätte er sie gedrängt, niemanden etwas zu erzählen.

Der Angeklagte selbst schwieg vor Gericht, er starrte während der Verhandlung vor sich hin. Er wolle gar keine Angaben machen, ließ der Riesaer seinen Rechtsanwalt zum Prozessauftakt am Dienstag erklären. Es steht damit Aussage gegen Aussage. Und die Kammer muss nun mit Hilfe von Zeugenaussagen die Glaubhaftigkeit des Kindes und seiner Vorwürfe prüfen.

Haben Verwandte Druck ausgeübt?

Offenbar hat das Kind seine Beschuldigungen zwischenzeitlich mehrmals zurückgenommen – und sie dann aber wiederholt. Laut Erziehern hätte sie auf dem Schulhof davon erzählt. Ebenso von Sex mit einem etwas jüngeren Nachbarsjungen habe sie geredet. „Diese Geschichte hat sich als erfunden herausgestellt“, erklärt der damalige Hortleiter des Mädchens, das immer mal wieder Geschichten erfunden haben soll. In dem Alter sei das aber nicht ungewöhnlich.

„Sie hat sich auf ihre Weise Strategien entwickelt, mit ihrem Leben klarzukommen“, glaubt der Hortleiter, ein Sozialpädagoge. Das betraf aber nur positive Dinge. Die Aussagen zum Missbrauch waren hingegen aufgrund ihrer Details zumindest so gewichtig, dass das Jugendamt eingeschaltet wurde. Obendrein stand das Mädchen wohl unter Druck. Die Frau des Angeklagten und ihr Sohn, Juliettes Vater, hätten sie der Lüge bezichtig – das Kind hätte sich angeblich beim Opa entschuldigen sollen. Schläge seien ihr auch angedroht worden.

Dem Jugendamt war Juliette bekannt. In der Familie soll es Gewalt gegeben haben. Auch von Drogenkonsum ist die Rede. Die Eltern arbeiteten selten mit dem Amt zusammen. Nach dem mutmaßlichen Missbrauch wurde Juliette aus dem Elternhaus genommen. „Sie sprach diesbezüglich nur von ihrem Opa“, erinnert sich eine Jugendamts-Mitarbeiterin. „Die Psychologin hat damals gesagt, dass sich das Mädchen das nicht ausgedacht haben kann.“

Der Prozess wird fortgesetzt. Am Donnerstag wird Juliette per Videoübertragung nicht-öffentlich aus einem anderen Raum befragt. Das ist rechtlich möglich. Ein Urteil wird erst kommende Woche erwartet.

* Der Name wurde von der Redaktion geändert.