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Riesa ist Ausreißer beim Energieverbrauch

Die Stadt liegt deutlich über dem durchschnittlichen Kohlendioxid-Ausstoß – aus gutem Grund.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf

Riesa. Die Stadt schneidet in diesem Vergleich ziemlich schlecht ab: Im Schnitt stößt jeder Deutsche pro Jahr rund zehn Tonnen Kohlendioxid aus. Auf jeden Riesaer aber entfallen im Durchschnitt nicht zehn, sondern 15,6 Tonnen. Das geht aus einer Kohlendioxid-Bilanz hervor, die die Stadt erstellen ließ und die Werte für das Jahr 2015 angibt. „Allerdings muss man berücksichtigen, dass die Industrie einen sehr hohen Anteil ausmacht“, sagt Mareen Jockusch von der Dresdner Gesellschaft „Kommunalentwicklung Mitteldeutschland“. Die Ingenieurin berät die Stadt beim Thema Klima. Die SZ stellt Ergebnisse vor.

Der Stand: enormer Energieverbrauch

Der Endenergieverbrauch der Stadt Riesa ist in den vergangenen Jahren – die Studie betrachtet die Jahre 2011 bis 2015 – ziemlich gleich geblieben. Er liegt bei jährlich 1 580 Gigawattstunden. Zum Vergleich: Eine Gigawattstunde entspricht einer Million Kilowattstunden.

Um eine Vorstellung von der Größenordnung zu bekommen, hilft ein fiktiver Vergleich: Bezöge man die Energiemenge ausschließlich als Strom (und nicht etwa als Gas) und legt einen Preis von 29 Cent pro Kilowattstunde an, kommt man auf eine jährliche Stromrechnung von 458 Millionen Euro. Tatsächlich dürften die Energiekosten bei Weitem nicht so hoch liegen: Entfallen doch fast drei Viertel des Riesaer Verbrauchs auf die Industrie (siehe Grafik), die ganz andere Energiekosten zahlt. Verkehr und private Haushalte verbrauchen nur jeweils etwa 14 Prozent. – Der Anteil erneuerbarer Energien am Riesaer Endenergiebedarf ist laut Studie mit dreieinhalb Prozent relativ gering. Immerhin sind die Treibhausgas-Emissionen zwischen 2011 und 2015 um zwölf Prozent gesunken, vor allem durch den Ausbau effizienter Kraft-Wärme-Kopplungs-Technologien in Heizkraftwerken und von Photovoltaik- und Windkraftanlagen.

Das Ziel: ein Bruchteil der Emissionen

Deutschland hat sich als sogenanntes Klimaschutzziel vorgenommen, bis zum Jahr 2050 den CO²-Ausstoß auf nur noch rund eine Tonne pro Einwohner zu reduzieren. Das entspricht einem 15tel des heutigen Riesaer Werts. Ob das in einer von Industrie geprägten Stadt je erreicht werden kann? Die Studie empfiehlt jedenfalls drei mögliche Wege dahin: den Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und erneuerbaren Energien – und mögliche Einsparpotenziale in der Verwaltung, bei privaten Haushalten, in der Wirtschaft und beim Verkehr.

Der Weg: Solarmodule und Fahrräder

Riesa hat bereits einen Katalog mit 23 Maßnahmen aufgestellt: Punkt eins dabei ist ein weiterer Ausbau von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, auch dezentral. Außerdem hat man sich eine zweite Ausbaustufe der Abwärmenutzung vorgenommen: Schon jetzt arbeitet das Riesaer Reifenwerk mit Abwärme, die im Stahlwerk anfällt – eine preisgekrönte Kooperation, die mithilfe der Stadtwerke möglich wird. Als dritter Punkt wird mehr Photovoltaik auf kommunalen Dachflächen empfohlen.

Eines der größten Riesaer Dächer, das der Arena, ist allerdings schon mit solchen Modulen ausgestattet. Weitere Punkte sind unter anderem ein Sanierungskonzept für öffentliche Liegenschaften, eine Optimierung der Heizungsanlage oder eine noch effizientere Straßenbeleuchtung – ebenfalls ein Punkt, an dem man in Riesa längst arbeitet.

Beim Punkt Verkehr wird empfohlen, den Riesaer ICE-Bahnhof stärker zu bewerben. Außerdem sollte die Infrastruktur für den Radverkehr ausgebaut werden. Schon jetzt erhält die Stadt einen Pluspunkt dafür, dass die Stadt zwei Elektroräder für die Mitarbeiter angeschafft hat. Und auch die mit Erdgas betriebene Stadtbahn Stahlmax wird bei dem Thema positiv berücksichtigt.

Ein Punkt auf der Liste hätte ganz konkrete Auswirkungen, etwa für Stadtfest-Besucher: Das Konzept empfiehlt eine Mehrweg-Verpflichtung für städtische Einrichtungen und Veranstaltungen – Bier im Plastikbecher wäre dann passé.