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Richterin hadert mit Pegida-Screenshots

Die Seenotretter von Mission Lifeline wollen vorm Landgericht Dresden gegen Siegfried Däbritz und Pegida eine einstweilige Verfügung erwirken – die lässt noch auf sich warten.

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© Stefan Becker

Dresden. Siegfried Däbritz und Pegida ließen sich am Donnerstagmorgen vorm Landgericht Dresden durch ihre Anwältin Katja Reichel vertreten. Die Dresdner Seenotretter von Mission Lifeline und ihr Rechtsvertreter Johannes Lichdi werfen den Protagonisten der rechtspopulistischen Bewegung vor, auf Facebook einen Post der sogenannten Identitären Bewegung geteilt zu haben, der die Seenotretter als potenzielle Schleuser kriminalisierte und sie weiterer Vergehen beschuldigte.

Gegen das ursprüngliche Posting der Identitären erwirkten die Seenotretter in einem anderen Verfahren bereits eine einstweilige Verfügung samt Unterlassungserklärung: Sollte die rechte Gruppierung die Behauptungen öffentlich wiederholen, droht ihr eine Strafe in Höhe von bis zu 250 000 Euro.

Die Pegida-Mitglieder haben den Post zwar mittlerweile auch von ihren Seiten gelöscht, ließen die Unterlassungserklärung aber unbeantwortet. In einem ähnlichen Prozess vor genau einem Jahr wegen ähnlicher Schmähungen hatten Siegfried Däbritz und Lutz Bachmann das verlangte Schriftstück noch unterzeichnet. Damals einigten sich beide Parteien im Angesicht von Richterin Kremz auf einen Vergleich.

Im jetzt verhandelten Fall wollte dieselbe Richterin von den Seenotrettern wissen, ob die Pegidisten im November 2017 den kompletten Post der Identitären geteilt hätten. Im ersten Anlauf blieb Anwalt Lichdi den Beweis dafür schuldig, da er keinen kompletten Screenshot des strittigen Textes präsentieren konnte.

Ein technisches Dilemma, das Pegida-Anwältin Reichel sichtlich freute, da sie im Namen ihrer Mandanten bestritt, den Post in Gänze geteilt zu haben. Überhaupt definierte sie die dort gewählten Worte als Meinungsäußerung und argumentierte, dass der einstige österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka öffentlich in ähnlicher Weise über private Seenotretter gesprochen hätte – allerdings ohne juristische Konsequenzen.

Mission Lifeline-Gründer Axel Steier half seinem Anwalt aus der Not und präsentierte der Richterin den kompletten Screenshot des diskutierten Posts auf seinem Smartphone. Das Verfahren erlaube eine spontane Beweisaufnahme, hatte die Richterin zuvor erklärt und Steier nutzte seinen Auftritt für ein anschließendes Kurzplädoyer: Mission Lifeline gehe nicht gegen alle juristisch vor, die den Identitären-Post geteilt hätten, sondern habe Pegida und deren Frontmann bewusst ausgewählt. Die Facebookseite des Vereins sei keine Nachrichten-, sondern eine Hetzseite. Und: Bei dem verhandelten Post würde es sich um keine Meinungsäußerung handeln, sondern um falsche Tatsachenbehauptungen, denn Beweise für die Behauptungen seien alle Beklagte bis heute schuldig geblieben.

Pegida-Anwältin Reichel verwies zwar auf ihren elfseitigen Schriftsatz, verzichtete im Saal A 1.82 aber auf eine verbale Beweisführung zugunsten der Betrachtung ihrer rot lackierten Fingernägel. Als allerdings der Begriff „Hetzseite“ fiel, bat sie um dessen Aufnahme ins Protokoll.

Am 11. Januar wird Richterin Kremz ihr Urteil sprechen. Das wäre dann das Dritte seiner Art. (szo/stb)