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Rettungssanitäter streiken weiter

Bislang sind nur die Dresdner Krankentransporte betroffen. Ab Juni könnten auch die Rettungswagen stehen bleiben.

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© René Meinig

Von Sandro Rahrisch

Sechs Uhr am Dienstagmorgen hätte Stephan Heinrichs Schicht beim Krankentransport beginnen sollen. Doch der Rettungssanitäter wird heute keine Patienten zum Arzt, ins Krankenhaus oder ins Pflegeheim begleiten. Mit etwa 30 Kollegen steht er vor der Wache an der Gerokstraße und lässt vorbeifahrende Autos wissen, dass er mit seinem Job nicht mehr zufrieden ist. „Es reicht“ ist auf einem der Schilder zu lesen. Auf das Deutsche Roten Kreuz (DRK), für das Heinrich arbeitet, kommt ein Streik-Sommer zu.

Zwölf-Stunden-Schichten, bis zu neun Tage Arbeit am Stück und Lohndumping lauten die Vorwürfe. DRK-Kollegen im Westen würden bis zu 900 Euro mehr verdienen, so Heinrich. Dass immer weniger Nachwuchs für die Arbeit im Krankenwagen gefunden wird, liege auch daran. „Mit unseren Arbeitszeiten kann man sich einen Feierabend mit der Familie schenken“, sagt ein anderer Mitarbeiter.

In Dresden ist die Stadt für den Rettungsdienst verantwortlich. Einen Teil der Einsätze übernimmt die Berufsfeuerwehr. Ansonsten werden die Aufgaben an Hilfsorganisationen wie das DRK vergeben. Ausschlaggebend ist dabei auch das Geld. Bei den Sprit- und Werkstattkosten lasse sich kaum etwas sparen, so die Streikenden. Also werde das Angebot mit niedrigen Personalkosten aufgehübscht. 2004 trat der Dresdner DRK-Verband aus dem hauseigenen Tarifvertrag aus und schloss sich mit der christlichen Gewerkschaft DHV zusammen. In diesem Zuge seien Samstagszuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld abgeschafft worden. Das DRK selbst spricht von schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Kostendruck, den die öffentliche Verwaltung ausübe.

Von den 20 Krankentransporten sind wegen des Streiks am Dienstag nur fünf besetzt gewesen. Allerdings habe die Feuerwehr mit zusätzlichen Fahrzeugen ausgeholfen, so DRK-Sprecherin Ulrike Peter. Wie man mit den Forderungen umgeht, stehe noch nicht fest. „Mehr Geld zahlen wir schon. An der Vergabepraxis der Stadt können wir als DRK nichts ändern.“

Verdi erwartet ein Gesprächsangebot und die Aufnahme von Tarifverhandlungen. Ansonsten werde weiter gestreikt. Bis Ende Mai seien vier weitere Streiktage geplant. Sollte sich bis dahin nichts tun, drohe ein unbefristeter Streik, auch auf den Rettungswagen. Im schlimmsten Fall müssten Wachen anderer Stadtteile übernehmen. Dadurch könnten wertvolle Minuten verloren gehen, bis die Sanitäter eintreffen. Das Rote Kreuz betreibt in Dresden fünf Wachen in der Neustadt, der Johannstadt, der Südvorstadt, in Löbtau und Cotta.

Zwar hat das DRK erst in der vergangenen Woche mit der DHV eine Lohnerhöhung von 10,3 Prozent über die kommenden drei Jahre beschlossen. Auch kürzere Arbeitszeiten soll es in Zukunft geben. „Der neue Tarifvertrag wurde uns aber einfach übergeholfen“, sagt Heinrich. Damit werde gerade einmal die Inflation ausgeglichen. Das Ergebnis: Seit September organisieren sich die Dresdner DRK-Mitarbeiter bei der Gewerkschaft Verdi. Inzwischen sind laut Verdi rund 110 der 190 Mitarbeiter der DRK Radeberg-Pulsnitz gGmbH eingetreten. „Der Arbeitgeber ignorierte bisher sämtliche Angebote zu Gesprächen und zwingt uns, diesen Schritt zu gehen“, heißt es in der Streikbegründung.