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Restlos ausgegärt

Fast 250 Milchkühe stehen bei der Heim Rinderfarm Neiße GmbH im Stall. Deren Mist soll als Dünger dienen. Dafür steht das Unternehmen in der Kritik.

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© Jens Trenkler

Von Katja Schlenker

Rothenburg. Ein bisschen Entspannen tut gut. Rund 230 Kühe stehen in Neusorge im Stall. In vier Gruppen sind sie unterteilt. Jeder Bereich hat ein wenig Wellness zu bieten. Eine Bürste zum Beispiel, damit sich die Milchkühe durchmassieren lassen können. Am Rande des Laufstalles gibt es Liegeboxen mit Stroh. Neugierig kommen die Tiere an, wenn sich jemand auf der Stallgasse nähert. Alles entspannt auf der Rinderfarm in Neusorge. So scheint es zumindest.

In den vergangenen Monaten hat es viel Unruhe in der Rothenburger Ortschaft gegeben. Seitdem bekannt geworden ist, dass am Rinderstall mehrere Gärrestebehälter gebaut werden sollen, ist der Protest groß. Dass sich die Situation wieder entspannt, hofft Philipp Heim. Er ist der Geschäftsführer der Heim Rinderfarm Neiße GmbH. Die Heim-Gruppe betreibt auch die Biogasanlagen in Quitzdorf und Niesky sowie die Kieswerke in Moholz und Uhsmannsdorf, die Sandgrube See/Kollm und den Kieselschieferbruch Horscha.

Gärrestebehälter mit Abdeckung

„Wir haben bis heute keinen Antrag für Neusorge gestellt“, sagt Philipp Heim. Dies bestätigt Sprecherin Marina Michel vom Landratsamt in Görlitz. Die Behörde prüft die Anträge und entscheidet, ob die Gärrestebehälter gebaut werden dürfen oder nicht. Momentan läuft ein Antrag, um einen Gärrestebehälter in Steinbach bauen zu können. Von der Entscheidung des Landratsamtes hängt ab, wie viele Gärrestebehälter für den Standort Neusorge beantragt werden. Das Verfahren für Steinbach sei noch nicht abgeschlossen, eine abschließende Entscheidung stehe noch aus.

Das Unternehmen hält trotz der Proteste vor Ort an seinen Plänen fest. Mit den Gärrestelagern soll nicht mehr von diesem organischen Dünger auf die Felder ausgebracht werden, verspricht Philipp Heim. Das Gegenteil sei der Fall. Weil die Gärreste gelagert werden können, kann der Zeitpunkt zum Ausbringen optimal gewählt werden. Zum einen, was das Wetter angeht. Zum anderen, wenn die Pflanzen und Böden die Stoffe am besten aufnehmen können. Dafür ist extra ein neues Güllefass angeschafft worden, das von hauseigenen Mitarbeitern bedient wird. Bisher sind die Felder von Lohnunternehmen gedüngt worden. Das ist nicht optimal gelaufen.

Dass die Gärrestebehälter am Standort Neusorge gebaut werden sollen, hängt damit zusammen, dass die zu düngenden Flächen sich dort befinden. Sonst würde es mehr Verkehr geben, um die Gärreste zum Beispiel aus Steinbach nach Neusorge zu holen. Die Chance ist auch groß, dass vielleicht nur zwei Behälter neu gebaut werden – und nicht vier, wie ursprünglich angekündigt worden ist. Außerdem wird es weitere Zugeständnisse geben. Neusorger wünschen sich, dass die Behälter abgedeckt werden, sagt Ortsvorsteher Jens Schurig. Dadurch soll die Belastung für Anwohner reduziert werden.

Für das Unternehmen bedeutet das 40 000 Euro Mehrkosten pro Behälter, erklärt Peter Blum, der kaufmännische Leiter der Heim Rinderfarm Neiße GmbH. Aus kaufmännischer Sicht erscheine dies nicht sinnvoll, sagt er. Da die Abdeckungen den Geruch um lediglich zehn Prozent minimieren. Dennoch wird es wohl so kommen, dass die Gärrestebehälter abgedeckt werden, erklärt Philipp Heim. „Wir werden weiter investieren und wollen auch hier bleiben“, sagt er. Da brauche es die Akzeptanz der Neusorger.

Einiges an Kommunikation sei schief gegangen in den vergangenen Monaten, räumt er ein. Viele haben sich zum Beispiel geärgert, als Philipp Heim bei einer Einwohnerversammlung am 12. Januar auf die Frage, ob weitere Anträge laufen, mit einem Nein antwortet. Zwei Tage später jedoch entscheidet der Technische Ausschuss über den Antrag für eine Vorgrube am Standort Neusorge. Dadurch schwindet das Vertrauen. Er habe nichts verschweigen wollen, sagt Philipp Heim dazu. Bei der Einwohnerversammlung sei es um die Gärrestebehälter als Endlager gegangen. Die Vorgrube ist jedoch ein Zwischenlager für die Gülle aus dem Stall. Das habe er an dem Abend nicht bedacht. Die Vorgrube ist genehmigungsfähig, sagt Marina Michel vom Landratsamt. Aber noch nicht genehmigt.

Außerdem habe der Ortschaftsrat den Vorschlag gemacht, die direkten Einwohner einmal einzuladen und mit ihnen das Gespräch zu suchen, sagt Jens Schurig. Das sei bisher nicht geschehen. Dies bestätigt Philipp Heim. Er werde jedoch das persönliche Gespräch suchen, wenn es konkrete Fakten für den Standort Neusorge gibt. Momentan sei alles in der Schwebe wegen des offenen Antrages für Steinbach. Pro Gärrestebehälter werden zwischen 200 000 und 220 000 Euro investiert. Generell seien in den vergangenen Jahren fast anderthalb Millionen Euro investiert worden, sagt Philipp Heim.

Stall ordnungsgemäß betrieben

So sind zum Beispiel alle Dächer der Gebäude auf dem Betriebsgelände saniert worden. Außer das des großen Stalles, denn der ist erst 2006 gebaut und 2010 noch einmal erweitert worden. Auf dessen Dach ist allerdings eine Anlage entstanden, die Sonnenstrom produziert. „Es ist ein über die Jahrzehnte toll aufgebauter Betrieb“, sagt Philipp Heim. Und daran will er festhalten, auch an den Milchkühen. Trotz der schlechten Milchpreise. Für Bullen ist ein Außengehege angelegt worden. Auch Kälber werden in der Anlage in Neusorge aufgezogen. Sofern sie weiblich sind. Die männlichen Kälber gehen in den Verkauf, da sie nicht für die Milchviehanlage geeignet sind. Die weiblichen Kälber durchlaufen mehrere Stufen. Je nach Alter werden sie gemeinsam in Gruppen gehalten – zunächst mit je zehn Kälbern, später alle einer Altersgruppe zusammen. Sie sind in der alten Stallanlage untergebracht. Diese ist umgebaut worden, damit ein Laufstall entsteht. In den Sommermonaten dürfen die Kälber auch mal raus.

Der Rinderstall in Neusorge wird regelmäßig vom Landratsamt überprüft. Zuletzt am 26. Januar 2016, teilt Sprecherin Marina Michel mit. Es ist festgestellt worden, dass die Rinderanlage ordnungsgemäß betrieben wird. Sowohl nach dem Stand der Technik als auch den Vorgaben des Vereins Deutscher Ingenieure. Darin sind zum Beispiel Werte für Emissionsfaktoren von Geruchsstoffen, Ammoniak und Staub festgelegt. Ebenso enthalten die Vorgaben Hinweise, wie nach außen dringende Einflüsse an Ställen, in denen Hunderte Tiere gehalten werden, eingegrenzt werden können.