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Renzis „Manöver“ soll Italien wieder aufrichten

Italiens Regierungschef präsentiert Reform auf Reform. Mit milliardenschweren Haushaltsmaßnahmen soll das kriselnde Euro-Schwergewicht nun wieder in die Spur kommen. Doch Skepsis bleibt.

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© dpa

Von Daniel Rademacher

Rom. Bei der Vorstellung seiner Haushaltspläne für das kommende Jahr war Matteo Renzi bestens aufgelegt. Quirlig wie man ihn von seinen öffentlichen Auftritten kennt, präsentierte der 39-Jährige vor gut einer Woche zusammen mit Finanzminister Pier Carlo Padoan das milliardenschwere Paket und klickte sich auf der Pressekonferenz von Folie zu Folie seiner bunten Präsentation.

Das „Stabilitätsgesetz“, wie es in Italien traditionell heißt, beläuft sich auf einen Wert von 36 Milliarden Euro in Form von Steuererleichterungen für Unternehmen und Privathaushalte sowie neue Investitionen. Finanziert werden soll das durch öffentliche Einsparungen und Kredite. Doch reicht das, um die seit Jahren lahmende Wirtschaft in Italien wieder in Gang zu bringen und dem Abwärtsstrudel zu entrinnen?

Fest steht: Italiens Volkswirtschaft, immerhin die drittgrößte im Euroraum, ist seit Anfang 2011 nicht mehr gewachsen. Und nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in den beiden Jahren zuvor wird auch für 2014 ein leichtes Minus erwartet. Zwar brachte jüngst die europaweite statistische Neuberechnung für Italien an der einen oder anderen Stelle etwas bessere Zahlen.

12 Prozent Arbeitslosigkeit - viele Junge wandern aus

An der fundamentalen Lage hat das jedoch nichts geändert. „Man muss feststellen, dass Italiens Wirtschaft stagniert - bestenfalls“, erläutert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Ein weiteres Problem ist die seit Jahren enorme Staatsverschuldung. Auch die Arbeitslosigkeit ist mit über 12 Prozent sehr hoch, ganz zu schweigen von den vielen jungen Menschen ohne Job. Nicht wenige von ihnen kehren „Bella Italia“ den Rücken und suchen ihr Glück woanders.

Regierungschef Renzi hat sich bei seinem Amtsantritt Anfang des Jahres auf die Fahnen geschrieben, umzusteuern und Italien zu erneuern. Ziel der im Haushaltsplan („manovra“, Manöver) enthaltenen Maßnahmen ist es, Unternehmen die Einstellung neuer Arbeitskräfte zu erleichtern, etwa durch den Wegfall ungeliebter Abgaben.

Bei der Präsentation sparte Renzi nicht mit großen Worten: Es handele sich um die „größte jemals von einer Regierung unternommene Steuersenkung in der Geschichte der Republik“, verkündete der frühere Bürgermeister von Florenz. Das Paket, das vom Kabinett verabschiedet ist, aber noch durchs Parlament muss, umfasst neben Steuererleichterungen für gering bezahlte Beschäftigte, Haushalte und Unternehmen auch neue Ausgaben in Milliardenhöhe, die vor allem Anreize für neue Jobs schaffen sollen.

Viele Fragen bleiben bestehen

Doch es gibt auch einige Unbekannte in der Rechnung Renzis: Die Regionen, auf die beispielsweise ein großer Teil der Kürzungen zukommen dürften, laufen bereits Sturm. Und ob es wirklich gelingt, wie vorgesehen Milliarden stattliche Summen aus dem Kampf gegen Steuerflucht zu erlösen, erscheint zumindest fraglich.

Und die Blicke gehen auch nach Brüssel. Denn für die Finanzierung des Haushaltspakets will Rom die Neuverschuldung erhöhen - allerdings, wie der Regierungschef und sein Finanzminister gebetsmühlenartig betonen, ohne die wichtige Defizitmarke von 3 Prozent zu reißen. Es bleibt abzuwarten, wie die EU-Kommission das findet, die sich derzeit die Haushaltsentwürfe anschaut und möglicherweise Nachbesserungen fordert.

Lob von den EU-Spitzen gab es für Renzi jedenfalls vor zwei Wochen in Mailand für seine in Gang gebrachte Arbeitsmarktreform. In Italien ist dieses Vorhaben unter dem Begriff „Jobs Act“ bekannt und treibt gerade Gewerkschaftern die Zornesröte ins Gesicht. Ein zentrales Element ist die Lockerung des Kündigungsschutzes.

All dies soll Firmen dazu bringen, wieder Menschen einzustellen und Jobs zu schaffen. Denn damit halten sich viele Unternehmen zurück. Die alltäglichen Probleme der Firmenchefs in Italien beschreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer so: „Das fängt mit solch grundlegenden Dingen wie der Geschäftseröffnung an und geht mit den sehr hohen Steuern weiter. Vor Gericht braucht ein Unternehmen im Schnitt knapp 1200 Tage, um einen nicht eingehaltenen Vertrag durchzusetzen.“

Kritiker monieren auch, dass viele Details noch recht vage formuliert sind und Zeit brauchen. Finanzminister Padoan verteidigte im „Wall Street Journal“ jedenfalls das Vorgehen der Regierung und meinte, die Kombination aus Haushaltsmaßnahmen und Reformen könne Italien wieder in die Spur bringen - positive Überraschungen nicht ausgeschlossen. (dpa)