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Rentner kämpft gegen Mietabzocke

Der Großvermieter Gagfah hat die Mieten in Laubegast erhöht. Ein 91-Jähriger wehrte sich. Nun drohte sogar eine Klage.

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© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Nicht jeder würde damit so gelassen umgehen, wie Fritz Micklisch. Unzählige Briefe hat der 91-Jährige in den vergangenen Monaten an seinen Vermieter, die Gagfah Group, geschrieben, hat darin erklärt, warum er einer Mieterhöhung nicht zustimmt. Im August vergangenen Jahres kündigte die Gagfah an, dass für seine Altbauwohnung in der Salzburger Straße 24 ab November anstatt 5,29 Euro künftig 5,92 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter fällig werden. Die Begründung: Für die neue Berechnung sei der aktuelle Mietspiegel zugrunde gelegt worden. Demnach hatte die Gagfah Micklischs Wohnung in eine gute Wohnlage eingestuft. Doch damit wollte sich der Rentner, der seit 1992 in Laubegast wohnt, nicht abfinden.

Vermieter räumt Fehler ein

„Ich habe mir den Mietspiegel besorgt und herausgefunden, dass diese Wohngegend prinzipiell der mittleren Wohnlage zugerechnet wird“, berichtet Micklisch. Doch nicht nur das hatte der Großvermieter übersehen: Die Wohnung liegt außerdem an einer Hauptstraße, wodurch die Wohnlage noch einmal abgestuft wird. Das heißt, Fritz Micklisch muss lediglich für eine einfache Wohnlage zahlen, was einer Kaltmiete von 5,48 Euro pro Quadratmeter entspricht.

Also unterschrieb der Rentner die von der Gagfah geforderte Zustimmung zur Mieterhöhung zunächst nicht und begründete das auch ausführlich in einem Brief. Es sollte nicht sein letzter gewesen sein, denn nun begann für Fritz Micklisch der lange Kampf um den ihm zustehenden Mietpreis. Das Kuriose ist, dass Micklischs Nachbarin mit der identischen Wohnlage die Zustimmung ebenfalls verweigerte und die Einordnung in die einfache Wohnlage forderte. Allerdings mit Erfolg: Ende Oktober bekommt sie in einem Schreiben von der Gagfah mitgeteilt, dass der Mietpreis von 5,92 Euro auf 5,48 Euro korrigiert wird. „Es war der blanke Hohn“, erinnert sich Micklisch an den Moment, als er den Brief seiner Nachbarin las. Seine eigenen Briefe mit dem Widerspruch und einer entsprechenden Begründung blieben indes unbeachtet. Im Oktober, November und Dezember flattern regelmäßig Aufforderungen in seinen Briefkasten, er möge doch jetzt endlich die Zustimmung zur Mieterhöhung geben. Andernfalls lande die Angelegenheit vor Gericht. Geduldig verfasst Fritz Micklisch einen Brief nach dem anderen, erklärt sich jedes Mal aufs Neue.

Offensichtlich hat ein Mitarbeiter der Vonovia, wie sich der Großvermieter nach der Fusion von Gagfah und Deutsche Annington seit Anfang 2016 nennt, dann doch ein Einsehen mit dem Dresdner: Am 13. Januar bekommt Micklisch die ersehnte Bestätigung, dass sich seine Wohnung in der einfachen Wohnlage befindet. Warum die Einstufung in seinem Fall so lange gedauert hat, kann Vonovia-Sprecherin Bettina Benner auf Nachfrage der SZ nicht beantworten. Nun will das Unternehmen den Mietpreis für alle Bewohner des Wohnblocks in der Salzburger Straße 18 bis 28 nach unten korrigieren. Für Fritz Micklisch war die Sache damit allerdings noch immer nicht erledigt: In der vergangenen Woche erreicht den Laubegaster erneut Post vom Vermieter. Die Gagfah-Tochter Südost Woba verklagt ihn, weil er die Zustimmung zur Mieterhöhung verweigert habe. „Dabei habe ich immer wieder geschrieben, dass ich mit dem Mietpreis von 5,48 Euro einverstanden bin“, so Micklisch. Auf erneute Anfrage klärt Unternehmenssprecherin Benner die Sache ganz schnell auf: „Hier ist uns leider ein Fehler unterlaufen, der nicht korrigiert wurde und sich dann weiter durchgezogen hat. Das bedauern wir sehr.“ Die Klage sei bereits am vergangenen Freitag zurückgezogen worden. Informiert wurde Fritz Micklisch darüber von Vonovia bislang nicht. Er verbrachte seine Tage inzwischen damit, ein neues Schreiben an das Dresdner Amtsgericht zu verfassen. Dennoch: Der 91-Jährige sieht’s gelassen. „In meinem Alter regt mich so schnell nichts mehr auf.“ Seine Gesundheit sei ihm wichtiger. Glück für Vonovia, dass auch seine Nerven offenbar sehr belastbar sind.