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Reif zum Probieren

Die Ernte auf dem Schellehof ist in vollem Gange. Wie funktioniert die dortige solidarische Landwirtschaft?

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© Dirk Zschiedrich

Von Katharina Klemm

Struppen. Der Schellehof in Struppen versorgt in der Sächsischen Schweiz und Dresden viele Esser mit frischem Gemüse, Backwaren, Mehl und Getreide, Eiern und auch mal mit Fleisch. Der mit dem Bio-Siegel „Demeter“ zertifizierte Hof arbeitet nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft. Das heißt: Viele Familien teilen sich die Ernte des Betriebes. Im Gegenzug werden die entstehenden Kosten gemeinsam getragen. Was jedes Mitglied monatlich bezahlt, ist abhängig von einem Richtwert, der am Jahresanfang festgelegt wird sowie den finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen. Die Mitglieder oder Ernteteiler erhalten wöchentlich einen Anteil an den saisonalen Produkten.

Frischer geht es nicht: In der Abholstation in Struppen holen sich Nicole Szymanski aus Pirna und Anette Vollmann aus Gohrisch (v.l.) ihren Anteil der Ernte.
Frischer geht es nicht: In der Abholstation in Struppen holen sich Nicole Szymanski aus Pirna und Anette Vollmann aus Gohrisch (v.l.) ihren Anteil der Ernte. © Dirk Zschiedrich

Zurzeit erntet Gärtnerin Christina Förster Fenchel, Rote Bete, Lauch, Einlege- und Salatgurken, Kohlsorten sowie Tomaten. Letztere finden im Gewächshaus optimale Bedingungen. Für Christina Förster und die Erntehelfer ist es dort bei hohen Temperaturen alles andere als gemütlich. Unter der Folie staut sich die Hitze. Allen rinnt der Schweiß in Strömen. Die erste Kiste Tomaten hat Christina Förster, die seit Anfang 2016 auf dem Schellehof arbeitet, gefüllt. Schon holt sie die nächste. Nebenan wachsen Auberginen. „Das ist mal wieder ein Versuch“, sagt sie. Je nachdem wie er läuft, könne man überlegen, dieses Gemüse nächste Saison verstärkt anzubauen.

In dieser Saison hat der Hof etwas mehr als 150 Ernteteiler, berichtet Peter Pfitzner, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Hofes. Doch noch immer hat der Hof die Möglichkeit für mehr Beteiligte. „Die meisten Ernteteiler-Haushalte sind Familien mit Kindern“, sagt er. „Aber auch Zwei-Personen-Haushalte sind zahlreich vertreten.“ Singles, die allein einen Ernteanteil beziehen, gebe es aktuell nur wenige. Sie teilten sich den Anteil meist mit anderen.

Eine Saison startet immer am 1. April. Wer dabei sein will, sollte vorher eine Infoveranstaltung und einen Hofrundgang besuchen. „Das persönliche Gespräch ist vorab sehr wichtig für beide Seiten“, sagt Peter Pfitzner. Ein Einstieg solle schließlich passen und auf einer gut informierten Grundlage basieren.

Mitmachen und Verstehen

Was wann im Jahr und in welchen Mengen angebaut wird, plant Christina Förster. Dafür sind auch die Meinungen und Wünsche der Ernteteiler wichtig. Die werden gefragt, was sie in der Saison mochten, was nicht, wovon sie mehr wollen, wovon weniger. Dann wird mit riesigen Excel-Tabellen geplant, wann beispielsweise Tomaten in die Erde müssen, damit diese zu einem bestimmten Zeitpunkt reif sind. Auch die Fruchtfolge muss eingehalten werden. Dass sich dann während der Saison noch etwas verschiebt, ist ganz normal. „Dieses Frühjahr war sehr kühl. Dadurch brauchten die Pflanzen länger, alles verschob sich“, sagt die Gärtnerin. Dann müsse man eben anpassen. Natürlich wachse nicht alles jedes Jahr gleich gut. Auch das tragen die Mitglieder mit.

Jede Woche schreibt Christina Förster den Mitgliedern einen Erntebrief. Der enthält unter anderem Rezepte, Tipps, wie man Gemüse für den Winter haltbar machen kann und wertvolles Gärtnerwissen. „So versuche ich bei den Ernteteilern ein Verständnis für ihr Essen aufzubauen.“ Es geht ihr darum, dass alle ein Gefühl für den Hof und die nötige Arbeit bekommen. Dazu trägt auch der wöchentliche Ernteeinsatz der Ernteteiler bei. Alle zwei Wochen findet außerdem ein Aktionstag am Wochenende statt. „Wir setzen die Hilfe aber nicht voraus“, sagt die Gärtnerin. Eine weitere Möglichkeit, sich einzubringen, finden die Mitglieder in den sogenannten Wurzelwerken. Das sind Arbeitsgruppen, die sich verschiedenen Fragestellungen oder Aufgaben, wie beispielsweise der Vermarktung von Überschüssen, widmen.

Das geerntete Gemüse, Mehl aus dem Getreide-Anbau, Kräuter, Eier und manchmal auch Fleisch können dann direkt am Hof oder an den Verteilerstationen abgeholt werden. „Ungefähr die Hälfte der Ernteteiler holt ihre Ernte direkt am Hof in Struppen ab“, weiße Peter Pfitzner. „Von der anderen Hälfte verteilt sich der Großteil auf die aktuell vier Dresdner Depots, der Rest holt in Pirna ab.“ Christina Förster erntet unterdessen schon wieder die nächsten Früchte.