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Regierung streitet über eigenen NPD-Verbotsantrag

Erst treibt die Union einen NPD-Verbotsantrag der Regierung voran, dann rudert CSU-Innenminister Friedrich zurück. Die FDP fühlt sich überrumpelt. Eine klare Linie sieht anders aus.

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© dpa

Von Tim Braune und Jörg Blank

Berlin. Die Union hat mit ihrem Vorstoß für einen eigenen NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung den Koalitionspartner FDP verärgert. Insbesondere CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich steht in der Kritik. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte am Dienstag der dpa: „Die Erfolgsaussichten gehören juristisch bewertet und nicht parteipolitisch in landsmannschaftlichen Treffen der CSU.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der CDU/CSU-Fraktion, Union und FDP würden einheitlich über einen Verbotsantrag der Regierung entscheiden. Nun müsse darüber diskutiert werden, wie dies zu erreichen sei.

Die Liberalen betonten, es gebe noch keine gemeinsame Haltung in der Regierung. Das machte auch Friedrich deutlich, der am Dienstag sichtbar um Entspannung bemüht war: „Es gibt dazu weder eine Entscheidung noch eine Festlegung noch eine Tendenz.“ Vor der CSU-Landesgruppe hatte der Innenminister am Montagabend aber unmissverständlich aufgezeigt, dass die Bundesregierung am Ende wohl keine Wahl habe. „Ich gehe davon aus, dass wir keine andere Möglichkeit haben, als selber einen Antrag zu stellen“, sagte Friedrich nach Teilnehmerangaben.

Die Bundesregierung könne letztlich die Länder nicht im Stich lassen. Entschieden werde Ende März. Die beiden anderen Optionen - eine Beiladung oder ein Beitritt zum Länderantrag - seien bei Juristen umstritten, betonte Friedrich, der einem erneuten NPD-Verbotsverfahren lange ablehnend gegenüberstand.

„Erneutes Scheitern wäre Desaster“

Mit dem angekündigten Antrag der Bundesländer vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sei die öffentliche Bühne für die NPD aber bereits eröffnet worden, hatte Friedrich nach Angaben von Teilnehmern vor der CSU-Landesgruppe gesagt: „Wir müssen nun auf dieser Bühne mitspielen und daher einen eigenen Antrag stellen.“

Leutheusser-Schnarrenberger forderte Friedrich auf, rasch eine umfassende Beurteilung der Erfolgsaussichten vorzulegen. „Ein erneutes Scheitern eines NPD-Verbotsantrages wäre ein Desaster für die Demokratie und ein Triumph für die Rechtsextremen“, sagte die stellvertretende FDP-Vorsitzende.

2003 war ein Verbotsverfahren von Regierung, Bundestag und Länderkammer vor dem Verfassungsgericht gescheitert. Diese drei Verfassungsorgane sind berechtigt, einen Verbotsantrag in Karlsruhe einzureichen. Bisher hat sich nur der Bundesrat dazu entschlossen.

In der FDP wurde CSU-Chef Horst Seehofer als eine der treibenden Kräfte eines NPD-Verbots gesehen. „Es ist doch offensichtlich, dass Alleingänge von Herrn Seehofer nicht immer der richtige Weg in der Politik sind“, sagte FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verlangte von Friedrich, den Fraktionen die Auswertung des Beweismaterials gegen die NPD zu übermitteln. Der Bundestag sei darauf angewiesen, bevor man über einen gesonderten Verbotsantrag des Parlaments beraten könne.

Offen ist, ob auch der Bundestag einen eigenen Verbotsantrag stellt. Die Bedenken der Innen- und Rechtsexperten in der FDP-Fraktion seien unverändert sehr stark, betonte Piltz. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte, es gebe auch in den Reihen der Abgeordneten von CDU und CSU starke Vorbehalte.

Die SPD kritisierte das schwarz-gelbe Zaudern. Die Chancen für ein NPD-Verbot seien so gut wie nie zuvor. „Wir brauchen einen entschlossenen Innenminister vor dem Bundesverfassungsgericht, keinen zaudernden Herrn Friedrich, der nicht weiß, was er will“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. (dpa)