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Rechtsradikale Baumschützer?

Auf dem Markt soll für die Linden vor dem Theater demonstriert werden. Doch die Initiative ist problematisch.

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© SZ-Archiv/Claudia Hübschmann

Meißen. Ein unscheinbarer Handzettel sorgt in Meißen für Aufsehen. Ein gesunder Baum ist darauf angedeutet, ein böser Bulldozer mit gebleckten Zähnen – der dem armen Baum offenbar an den Stamm will – und ein guter Mensch, welcher den Bulldozer aufhält. Alles etwas naiv gemacht, aber gerade deshalb geht es zu Herzen. „Demo gegen das sinnlose Abholzen gesunder Bäume“, steht darüber. Gegen eine solche Sache kann eigentlich niemand etwas haben. Der Zettel soll zu einem Protest gegen die Baumfällaktion vor dem Theater mobilisieren. Der Bauausschuss des Stadtrates hatte zuvor mit sechs gegen zwei Stimmen das Abholzen der beiden Linden vor dem Theatereingang beschlossen. Hauptargument war, dass die Bäume die Fassade des Theaters verdecken würden. Außerdem könnten sie stören, falls der Platz einmal für Aufführungen oder für Terrassenplätze von Gaststätten gebraucht würde.

Ausschnitt aus dem in Meißen verteilten Flyer, der zur Demo gegen die beabsichtigte Baumfällung aufruft.
Ausschnitt aus dem in Meißen verteilten Flyer, der zur Demo gegen die beabsichtigte Baumfällung aufruft.

Schwieriger wird es, als im Laufe des Mittwochs ans Licht kommt, wer den Handzettel vermutlich produziert und verteilt hat. Es handelt sich um eine Gruppe mit dem eher an ein Frisörgeschäft erinnernden Namen „Meißner Wellenlänge“. Nach außen tritt sie vor allem durch eine seit kurzer Zeit existierende Facebook-Seite in Erscheinung. Darauf finden sich Parolen, die auf den ersten Blick neutral erscheinen, wie zum Beispiel: „Leben wie ein Baum, einzeln und frei und brüderlich wie ein Wald – das ist unsere Sehnsucht“. Als Zeichen verwendet die Gruppe den griechischen Buchstaben Lambda, das physikalische Symbol für Wellenlänge.

An diesem Punkt wird es interessant. Das Lambda als Zeichen teilt die Meißner Wellenlänge mit der sogenannten Identitären Bewegung. Auf deren Seite im Internet werden die Aussagen deutlicher. „Wir sind die erste freie, patriotische Kraft, die sich aktiv und erfolgreich für Heimat, Freiheit und Tradition einsetzt.“ So steht es dort zu lesen. Einige Landesämter schauten sich die Identitären inzwischen genauer an, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen Ende Mai der „Rheinischen Post“. Die rechtsradikale Bewegung gehe von der Existenz im Internet zu Aktionen im realen Leben über. Die von der Meißner Wellenlänge angeschobene Demo zum Erhalt der Linden vor dem Theater gehört offenbar zu diesem Plan. (SZ/pa)