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Rechtsextreme unterwandern Vertriebene

Der Bund der Vertriebenen distanziert sich von der „Schlesischen Jugend“, in der offenbar Extremisten den Ton angeben.

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Von Sven Siebert

Die Vertriebenenverbände schlagen sich schon eine Weile mit der „Schlesischen Jugend“ herum. Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, teilte gestern mit, die Bundeslandsmannschaft der Schlesier habe „seit Langem alle ihre Landesverbände aufgefordert, keine Mittel mehr an die ,Schlesische Jugend‘ zu vergeben“.

Der Bundesvorsitzende der Schlesier, Rudi Pawelka, sagte gestern der SZ, „wir hatten Schwierigkeiten mit dem Vorsitzenden der ,Schlesischen Jugend‘“. Der Jugendverband sei bereits von finanziellen Zuflüssen aus der sogenannten Jugendspende des Bundesverbandes abgeschnitten worden.

Die Vertriebenenverbände wissen schon länger von einer möglichen rechtsextremistischen Unterwanderung. Der Öffentlichkeit wurde dies aber erst jetzt durch eine Veröffentlichung des Online-Dienstes der „Tagesschau“ bekannt. Dem Bericht zufolge haben sich Rechtsextremisten schon 2005 in einem internen Internet-Forum zu einem „Plan zur Übernahme“ der „Schlesischen Jugend“ verabredet. Es sei dann „möglich, unsere Aktionen über die SJ laufen zu lassen“, zitiert tagesschau.de aus dieser Online-Unterhaltung.

Später wurden demnach sogenannte „Ostfahrten“ organisiert, über die anschließend antisemitische Kommentare ausgetauscht werden. Nach einem Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz sei eine Israel-Fahne verbrannt worden, berichtet tagesschau.de.

Eine „Ostfahrt“ im vergangenen Jahr sollte gemeinsam mit der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ organisiert werden. Die in Dresden ansässige „JLO“ gilt als rechtsextremistische Organisation, die auch vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Sie ruft alljährlich zu den sogenannten „Trauermärschen“ anlässlich des Jahrestages der Bombardierung in Dresden auf.

Die „Schlesische Jugend“ ist ein eigenständiger Verein, firmiert aber als Jugendorganisation der Landmannschaft Schlesien. Der Vorsitzende der „SJ“, der Thüringer Fabian Rimbach, gehört satzungsgemäß auch dem Bundesvorstand der Schlesier an. Er ist der, mit dem es „Schwierigkeiten“ gab, wie der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Pawelka, sagte.

BdV-Präsidentin Erika Steinbach erklärte, besonders seit 1990 habe es immer wieder Versuche der Unterwanderung gegeben. „Aber wir lassen uns von Extremisten – egal welcher Richtung – nicht vereinnahmen, auch nicht unterwandern“, sagte sie. „Mit diesen wollen wir nichts zu tun haben.“ Immer wieder habe man sich gegen derartige Versuche auch gerichtlich zur Wehr gesetzt.

Die „JLO“ hieß ursprünglich „Junge Landsmannschaft Ostpreußen“. Der Vertriebenenverband der Ostpreußen sagte sich von der JLO los, als deren rechtsextremistische Ausrichtung bekannt wurde. Vor Kurzem setzte der BdV durch, dass ein von NPD-Mitgliedern in Sachsen-Anhalt gegründeter angeblicher Kreisverband der Vertriebenen, eine BdV-Ausstellung nicht zeigen darf. Die Schlesier haben auf Antrag Pawelkas eine „Unvereinbarkeitserklärung“ verabschiedet, in der der Ausschluss von Extremisten angekündigt wird.

Dem grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck genügt dies alles nicht. Eine „organisatorische Brandmauer“ gegen Rechtsextreme existiere bei den Vertriebenen nicht, sagte er der SZ. Jede Initiative gegen Rechtsextreme müsse eine Extremismusklausel unterzeichnen, um Fördermittel zu bekommen. Für den BdV und seine Mitgliedsverbände gelte dies aber nicht. Beck forderte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf, die Zuwendungen an die Vertriebenen zu überprüfen und gegebenenfalls zurückzufordern. Der BdV erhält jährlich 920.000 Euro vom Bundesinnenministerium.