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Rebellion gegen Verkehrslärm

Mit „Park-Aktionen“ weisen sie auf ihre Situation hin. Ein Gutachten bestätigt den hohen Lärmpegel.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Diese Aktion brachte etliche Autofahrer ins Schwitzen: An der Tina-von-Brühl-Straße in Seifersdorf standen vor wenigen Tagen rechts ein Traktor und ein paar Meter weiter links ein Personenwagen. Hingestellt ganz legal in Übereinstimmung mit der Straßenverkehrsordnung. Aber eben zum Verdruss einiger Autofahrer.

Wegen des starken Gegenverkehrs war ein Ausweichen schlecht möglich. Vor beiden Fahrzeugen bildeten sich lange Schlangen. „Ich und weitere Seifersdorfer wollten einfach ein Zeichen setzen. Der ständige Verkehr und der ständige Lärm machen einen krank“, sagt Konrad Petzold. Er wohnt an der Tina-von-Brühl-Straße. Vor seiner Haustür rollen täglich Hunderte Lkw von der Autobahn A4 nach Radeberg und weiter zur A 17. Nach Verkehrszählungen sind es mehr als 8 000 Fahrzeuge am Tag. „Mit einem Traktor kommt man kaum noch aus einer Ausfahrt heraus, so dicht ist der Verkehr.“ Mit Schrecken denkt er an den Sommer. „Wenn es dann wieder heiß ist und man das Fenster aufmachen muss, ist der Lärm unerträglich. An Schlaf ist da nicht zu denken.“ Dass sich durch die Aktion Autofahrer abhalten, die Strecke durch Seifersdorf zu nehmen, glaubt er nicht. „Mir ist es wichtig, auf die Situation hinzuweisen, denn so kann es nicht weitergehen. Irgendwie müssen wir ja Druck erzeugen. Es muss sich einfach etwas ändern.“

Jetzt haben auch Gutachter festgestellt, dass besonders Seifersdorfer Einwohner krankmachendem Lärm ausgesetzt sind. Im Auftrag der Gemeinde Wachau hat die Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft aus Dresden einen Lärmaktionsplan für das Gemeindegebiet vorgelegt.

Studie schlägt Tempo 30 vor

Eine der wichtigsten Aussagen: Mehr als 200 Menschen im Gemeindegebiet müssen dauerhaft einen zu hohen Lärmpegel ertragen. Tagsüber sind es genau 205 Einwohner und nachts wegen der veränderten Lärmobergrenzen sogar 216 Menschen. Besonders viele davon leben in Seifersdorf. Betroffen sind auch die Ortslagen von Leppersdorf und Feldschlößchen. Die Gutachter haben in den drei Orten sogenannte Hotspots mit besonders vielen Betroffenen ausgemacht. In Seifersdorf gibt es gleich drei davon: Kurz nach dem Ortseingang aus Richtung Radeberg, in Höhe des Ritterguts und in der Umgebung der Straße Bäckerberg. In Leppersdorf sind besonders die Häuser an der Dresdner Straße in Höhe der Fußgängerampel betroffen. In Feldschlößchen müssen besonders viele Menschen kurz nach dem Ortseingang aus Richtung Radeberg hohen Lärm ertragen. „In diesen Bereichen sollte der Lärm kurzfristig spürbar gemindert werden. Hier besteht vordringlicher Handlungsbedarf“, sagt Katja Gräfe, eine der Autorinnen der Studie. Die Gutachter schlagen in den Ortsdurchfahrten Seifersdorf, Leppersdorf und Feldschlößchen vor, die Geschwindigkeit von jetzt 50 auf 30 Kilometer pro Stunde herabzusetzen. „Das würde die Zahl der Betroffenen spürbar senken. Diese Maßnahme sollte innerhalb kurzer Zeit, also innerhalb von zwei Jahren, umgesetzt werden“, sagt die Mitarbeiterin. Damit die Autofahrer die herabgesetzte Höchstgeschwindigkeit auch einhalten, müssten zusätzlich an den Ortseingängen von Seifersdorf, Feldschlößchen und Leppersdorf Mittelinseln eingerichtet werden.

Aktionsplan liegt aus

Weitere Maßnahmen gegen starken Verkehrslärm sind die Verlegung von Flüsterasphalt auf der Autobahn in der Nähe der Ortschaften. Bei den zurzeit laufenden Sanierungsarbeiten auf der A4 wird nach Angaben von Nicole Wernicke vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) lediglich ein lärmmindernder Asphalt eingesetzt. „Flüsterasphalt reduziert die Lärmemission noch einmal“, sagt sie. – Neue Radwege könnten die Zahl der Autos und damit den Lärm vermindern. Sie sollten nach den Vorstellungen der Autoren zwischen Feldschlößchen und Wachau, zwischen Radeberg und Pulsnitz sowie zwischen Wachau und Lomnitz entstehen. Der Nahverkehr ist ebenfalls verbesserungsbedürftig. So sind eine Ausweitung der Radeberger Stadtbuslinie und den Einsatz von Anruf-Sammeltaxis denkbar.

Der Lärmaktionsplan ist inzwischen für jedermann einsehbar. Er steht auf der Internetseite der Gemeinde Wachau zum Herunterladen bereit. Außerdem liegt er vom 30. Mai bis zum 30. Juni in der Gemeindeverwaltung, Teichstraße 4, aus. In dieser Zeit können Einwohner ihre Stellungnahmen dazu abgeben. Der Wachauer Bürgermeister Veit Künzelmann (CDU) hofft, dass mit dem Lärmaktionsplan der Druck auf die zuständigen Ämter steigt und es zu einer Umsetzung der Vorschläge kommt. „Der Lärm ist den Anwohnern nicht mehr länger zuzumuten.“ Konrad Petzold glaubt nicht, dass sich so schnell etwas ändert und beispielsweise die Tempobegrenzungen kommen. Er und die anderen Seifersdorfer planen weitere „Park-Aktionen“.

Lärmaktionsplan der Gemeinde Wachau unter:

www.wachau.de/amtliche-bekanntmachung.html