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Rauschgift in der Hosentasche

Bei einem Unfall in Gävernitz ist der Angeklagte betrunken, steht unter Drogen, hat keinen Führerschein und beleidigt auch noch einen Polizisten.

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Von Jürgen Müller

Es kracht gewaltig an jenem Julinachmittag vorigen Jahres in Gävernitz, als ein 30-Jähriger mit seinem Skoda einen Unfall verursacht. Auf der Meißner Landstraße kommt er mit dem Auto in einer Linkskurve zunächst nach rechts von der Straße ab, prallt gegen den Bordstein und fährt auf den Fußweg. Dort stößt er gegen ein Verkehrszeichen und eine Straßenlaterne. Anschließend schleudert es das Fahrzeug nach links auf die andere Straßenseite. Der Unfall hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Der Fahrer steigt unversehrt aus dem Auto, der Beifahrer verletzt sich leicht.

Schnell wird klar, warum das Auto von der Straße abkam. Der Fahrer war nicht nur betrunken, er stand auch unter Drogen. Gut zwei Stunden nach dem Unfall werden bei ihm 1,82 Promille Alkohol im Blut nachgewiesen. Rauschgift hat er nicht nur im Blut, sondern auch in der Hosentasche. Als ihn die Polizisten zur Blutentnahme bringen, finden sie 31,5 Gramm Haschisch und 5,85 Gramm Marihuana. In der Klinik beleidigt der Mann auch noch einen Polizisten, zeigt ihm den Stinkefinger, nennt ihn „Schwuchtel mit Revolver“. Was er nicht hat, ist eine Fahrerlaubnis. Die wurde ihm schon 2008 entzogen.

Geschenk nicht gewürdigt

Besonders dreist: Drei Tage vor dem Unfall war der Angeklagte vom Amtsgericht Riesa wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro verurteilt worden. Der Staatsanwalt spricht von einem wenn auch sehr teuren „Geschenk“ des Gerichtes. Denn bei der dritten Verurteilung wegen der gleichen Straftat kann man auch schon mal einrücken. Doch der Angeklagte weiß das Geschenk nicht zu würdigen. Er setzt sich kurz danach trotzdem wieder ans Steuer eines Autos. Selbst als der Diera-Zehrener weiß, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft, fährt er am 9. Dezember vorigen Jahres einen Transporter. Er kommt bis Blattersleben. Dort wird er aus dem Verkehr gezogen. Mit 1,43 Promille.

Bereits im März dieses Jahres sollte sich der mittlerweile 31-Jährige für seine Taten vor dem Amtsgericht Meißen verantworten. Doch er kam einfach nicht zum Termin, schickte einen Kumpel. Der ließ ausrichten, der Mann sei zu Hause, fühle sich psychisch nicht in der Lage, den Prozess durchzustehen. Das Gericht sah sich in der Lage, darauf zu reagieren. Es erließ einen Sitzungshaftbefehl. Und so saß der junge Mann bis zur Verhandlung zwei Monate in Dresden im Gefängnis.

Das hat ihn wohl geläutert, zur Besinnung gebracht. Sein Anwalt hatte schon im Vorfeld der Verhandlung angekündigt, dass sein Mandant geständig sein werde. So wurden alle Zeugen abgeladen. Als Grund für die Taten nennt der Angeklagte Probleme mit seiner Firma. Die läuft damals wohl nicht so, wie er sich das vorstellte, obwohl er sich die Lage schön redet und wohl auch schön trinkt. „Ich war in einer Lebenskrise, bin nachts schweißgebadet aufgewacht, trank Alkohol, und konnte trotzdem nicht schlafen. Zur Beruhigung habe ich dann Drogen genommen“, erzählt er. Doch allein seine Firma kann nicht der Grund für seinen Drogenmissbrauch sein. Schon 2005 wurde er wegen Drogenbesitzes zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Damals hatte er noch keine Firma. Die hat der Mann, der nur einen Hauptschulabschluss besitzt, jetzt auch nicht mehr. Er musste Insolvenz anmelden, weil er Löhne und Sozialabgaben nicht bezahlte.

Nicht nur für den Staatsanwalt ist klar, dass eine Geldstrafe für den Mann, der sich seit 1998 schon sechsmal vor Gericht verantworten musste, davon dreimal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, keine Geldstrafe mehr drin ist. Er plädiert wegen Körperverletzung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Trunkenheit im Verkehr, Beleidigung und unerlaubten Drogenbesitzes auf eine Haftstrafe von elf Monaten, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden soll. So urteilt auch das Gericht, und so verlässt der Angeklagte als freier Mann den Gerichtssaal. Denn der Sitzungshaftbefehl gegen ihn wurde natürlich aufgehoben.

Es droht neuer Ärger

Auf seine Fahrerlaubnis muss er aber noch lange Zeit verzichten. Die Richterin ordnete an, dass ihm vor Ablauf von zwölf Monate keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Das ist wohl eher eine Formsache. Denn bevor er den „Lappen“ wiederkriegt, muss er erst eine medizinisch-psychologische Untersuchung bestehen. Das dürfte nicht nur am fehlenden Geld scheitern. Zunächst muss er seine Drogenabhängigkeit in den Griff bekommen. Und es droht neuer Ärger. Denn es liegt eine weitere Anklage vor. In seiner Wohnung wurde Rauschgift gefunden, rund 50 Gramm Haschisch und 26 Gramm Cannabis. Zu diesem Termin wird er wohl erscheinen. Denn er weiß ja jetzt, was ansonsten passiert.