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Raus aus dem Heim – rein ins Zentrum

An der Hinteren Reichenstraße in Bautzen wurde ein Treff für Behinderte eingerichtet. Die Lage mitten in der Stadt bringt viele Vorteile.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Noch sind die Räume nicht ganz fertig eingerichtet. Es fehlen noch Gardinen und die Küche. Dadurch schallt es ein wenig in den Räumen mit den dicken Mauern. Doch die sechs Männer, die sich zusammen mit Ergotherapeutinnen und Heilerziehungspflegern mit einem Steckspiel beschäftigen, haben sichtlich ihren Spaß. Es sind Behinderte, die im Wohnheim St. Veronika im Allendeviertel leben. Aus den verschiedensten Gründen können sie nicht in einer Behinderten-Werkstatt arbeiten. Doch ein Gesetz aus dem Jahr 2014 besagt, dass auch Menschen, die nicht fähig sind, in einer Werkstatt zu arbeiten, den Anspruch auf einen zweiten Lebensbereich haben. Das heißt, auch sie sollten mal das Haus verlassen, etwas anderes kennenlernen dürfen.

Mit den neuen Räumen an der Hinteren Reichenstraße 5 konnten nun diese Anforderungen umgesetzt werden. Die Verhandlungen mit dem Kostenträger, dem Kommunalen Sozialverband Sachsen (KSV), seien von Erfolg gekrönt gewesen, sagt Heimleiterin Bärbel Berg. Dank eines verbesserten Personalschlüssels können sich drei feste Mitarbeiter um die Hausbewohner kümmern, die die Außenstelle, genannt „Tagesstruktur“, besuchen. Insgesamt 18 Behinderte wurden in drei Gruppen zu je sechs Personen aufgeteilt, die immer abwechselnd ins Stadtzentrum fahren. Dafür steht ein Kleinbus zur Verfügung. In den Räumen, in denen früher ein Aquarienladen untergebracht war, wird gebastelt, gespielt, musiziert oder gesportelt.

Kleine Party zur Einweihung

Momentan sind die Behinderten nur am Vormittag hier und fahren zum Mittagessen wieder zurück ins Wohnheim im Allendeviertel. Das könnte sich jedoch ändern, sobald die neue Küche eingebaut ist. „Wir bekommen sie in den nächsten Tagen vom Küchenstudio Schneider in Großdubrau, das uns auch die anderen Möbel gesponsert hat“, sagt Bärbel Berg dankbar. Im behindertengerechten WC fehlen noch die Trennwände. Sobald alles fertig ist, soll eine kleine Einweihungsparty gefeiert werden. Überhaupt bieten die neuen Räume die Möglichkeit, Geburtstage und andere Gelegenheiten zu feiern.

Ganz wichtig sei aber noch ein anderer Aspekt, sagt Bärbel Berg. Wenn die Behinderten die Räume an der Hinteren Reichenstraße aufsuchen, sind sie mitten im pulsierenden Stadtleben. „Dadurch können sie neue Eindrücke aufnehmen und mal was anderes erleben“, sagt die Heimleiterin. So könne man an Markttagen zwischen den Ständen umherschlendern und etwas für das gemeinsame Mittagessen einkaufen.

Dankbar ist Bärbel Berg auch dem Vermieter der neuen Räume, der Bautzener Wohnungsbaugesellschaft (BWB). Diese ließ die Räume nach den Erfordernissen des Wohnheims herrichten. „Unsere langjährigen Kontakte rühren auch daher, dass einige unserer Außenwohngruppen bei der BWB eingemietet sind“, sagt Bärbel Berg. Außerdem hatten BWB und das Wohnheim St. Veronika 2016 erstmals ein Wohngebietsfest im Allendeviertel organisiert, das 2018 seine Neuauflage erfahren soll.