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„Raue Schale, weiches Herz“

Er träumte von einer Welt AG, verbandelte Daimler und Chrysler und warf das Handtuch. Heute wird Ex-Daimler-Chef Jürgen Schrempp 70 Jahre alt.

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© dpa

Stuttgart. Zuletzt blieb sein Platz leer. Als Daimlers mächtiger Betriebsratschef Erich Klemm jüngst in den Ruhestand verabschiedet wurde, fehlte ein ganz besonderer Weggefährte: Jürgen Schrempp. Der frühere Lenker des Autobauers hält sich mit Auftritten in der Öffentlichkeit inzwischen zurück – der Kontakt zu Daimler riss schon vor Jahren weitgehend ab. Ähnlich bedeckt hält Schrempp sich zu einem anderen Anlass: heute zu seinem 70. Geburtstag.

Seine „restriktive Haltung hinsichtlich der Kommunikation mit den Medien“ wolle er beibehalten, heißt es. „Er lebt nicht zurückgezogen, aber er tritt in der Öffentlichkeit nicht mehr auf – zumindest in Deutschland“, erklärt sein Weggefährte und Vertrauter Matthias Kleinert, einst Generalbevollmächtigter bei Daimler. „Weil er den Rummel nicht mehr möchte.“

Es gab Zeiten, in denen er viel davon hatte: Nach seinem Aufstieg zum Daimler-Chef träumte Visionär Schrempp etwa von einer automobilen Welt AG. Unter seiner Führung verschmolz Daimler mit dem amerikanischen Autokonzern Chrysler, was Schrempp selbst als „Ehe im Himmel“ feierte. Die ist längst geschieden – und wurde von Aktionären später als „größte unternehmerische Fehlentscheidung und Kapitalvernichtung“ bezeichnet.

Ganz von Daimler los kommt der Ex-Chef aber noch nicht. Ein Rechtsstreit um die Umstände seines überraschenden Rücktritts beschäftigt noch heute die Gerichte. Dabei geht es um die Frage, ob Schrempps Abgang viel früher hätte angekündigt werden müssen. Das Stuttgarter Oberlandesgericht muss den Fall demnächst erneut aufrollen.

Das könnte Schrempp, der mit seiner zweiten Frau Lydia nach eigenen Angaben zwischen München und Kitzbühel pendelt, zumindest kurzzeitig wieder zurück nach Stuttgart verschlagen – und ihm die Öffentlichkeit bringen, die er jetzt so meidet.

Eines hat er aber von seiner Zeit bei Daimler behalten: die Verbundenheit zu Afrika. Zu Beginn seiner Karriere hatte der Manager lange für Mercedes-Benz in Südafrika gearbeitet. Dort ist er noch heute engagiert – etwa über die Südliches Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft.

Für seine soziale Ader war er als Daimler-Chef nicht immer bekannt. Dass er die Lohnfortzahlung für kranke Mitarbeiter kappte, brachte ihm bei Arbeitnehmervertretern den Ruf als „Rambo“ ein. Kleinert hält das Image für übertrieben: „Er hat eine raue Schale, aber ein weiches Herz.“ (dpa)