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Ratlos in Hohnstein

Auf die Burg sollen möglicherweise 200 Flüchtlinge ziehen. Sie haben nur wenige Fürsprecher.

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© SZ

Von Anja Weber

Hohnstein. Hohnsteiner Einwohner, die sich von der als Informationsveranstaltung titulierten Kundgebung am Donnerstagabend Antworten erhofften, mussten den Marktplatz genauso ratlos verlassen, wie sie gekommen waren. Die Veranstalter, die Bürgerinitiative „Hohnsteiner für Hohnstein“ konnten keine konkreten Aussagen dazu tätigen, ob 200 Flüchtlinge auf der Burg Hohnstein einquartiert werden.

Mitglieder der AG Asyl von Hohnstein werben dafür, dass die Sächsische Schweiz weltoffen und tolerant bleiben soll.
Mitglieder der AG Asyl von Hohnstein werben dafür, dass die Sächsische Schweiz weltoffen und tolerant bleiben soll. © SZ

Zumindest konnten sie aber aufklären, wie sie auf die im Raum stehende Zahl 200 gekommen sind. An die 250 Betten gibt es auf der Burg, und offenbar geht man davon aus, dass diese belegt werden könnten. Mit ihren Reden trafen Thomas Held und Silvio Zinke von der Bürgerinitiative den Nerv der meisten Teilnehmer auf dem gut gefüllten Marktplatz, Sie befeuerten damit letztlich auch die schon seit Monaten vorherrschenden Ressentiments gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in der Stadt. Betont wurde, dass die Burg Hohnstein ein Touristenmagnet und ein Veranstaltungsort in der Stadt sei. Die Debatten um die Burg als mögliche Flüchtlingsunterkunft schienen vielen Anwesenden aber in erster Linie ein willkommener Anlass, um generell gegen die Asylpolitik auf die Straße zu gehen.

Fragen gesammelt

Ziel der Veranstaltung am Donnerstagabend sei es gewesen, die Fragen der Einwohner zu sammeln und diese dem Landratsamt zu übergeben, so die Organisatoren. Man wolle keine politischen Diskussionen führen. Fragen hatten die Einwohner tatsächlich einige, darunter solche, die bereits auf der von der Stadt veranstalteten Einwohnerversammlung beantwortet wurden, wie etwa die zur Sicherheit in der Stadt, zu Zwangsbeschlagnahmungen und Ähnlichem. Allerdings wurde angesichts der Fragen auch deutlich, dass es mit der Infrastruktur in Hohnstein nicht weit her sein kann und die Stadtverwaltung, wie auch die Stadträte künftig wohl mehr gefordert sind.

Letztlich passen die gestellten Fragen genau auf die Situation vor Ort, ersetzt man das Wort „Flüchtling“ gegen „Einwohner“. Wo sollen die Flüchtlinge einkaufen und wo zum Arzt gehen? Wo bekommen die Flüchtlinge schnell Medikamente her, wo es doch keine Apotheke gibt? Wo können die Kinder der Flüchtlinge in den Kindergarten, wo doch alle Plätze belegt sind? Wie können sich die Asylbewerber beschäftigen?

Zudem treibt die Einwohner die Frage um, wer die Fremden sind, die nach Hohnstein kommen würden. Offen ist, ob die Fragen tatsächlich alle von der Landkreis- und der Stadtverwaltung beantwortet werden können. Denn noch ist der Standort in der Prüfung und die Burg Hohnstein nur eines von mehreren Objekten, die der Landkreis prüft.

In Hohnstein ist bislang noch kein einziger Asylbewerber untergebracht. Die Stadträte haben es mehrheitlich abgelehnt, die einzigen drei zur Verfügung stehenden kommunalen Wohnungen für Asylbewerber zur Verfügung zu stellen. Private Vermieter, die ihre Wohnungen anbieten könnten, gibt es inzwischen offenbar auch nicht mehr. Unter anderem auch aus Angst vor den Asylgegnern in der Stadt, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Dass die Stimmung auch in Hohnstein mittlerweile aggressiver wird, ist kein Geheimnis. Zwar blieb es auf der Veranstaltung am Donnerstagabend ruhig. Zur Einwohnerversammlung im August ging es allerdings bei diesem Thema ganz anders zur Sache.

Für mehr Toleranz

In der Großgemeinde gibt es aber nicht nur Asylgegner. Bereits vor einigen Monaten gründete sich eine Arbeitsgruppe Asyl. Ihr Ziel ist es, Flüchtlinge zu unterstützen und ihnen zu helfen, sich in der Stadt zurechtzufinden. Einige Mitglieder und Sympathisanten waren am Donnerstag ebenfalls gekommen. Am Rande der Veranstaltung demonstrierten sie mit Plakaten, dass die Sächsische Schweiz bunt ist und auch bleiben soll. Dafür mussten sie sich allerdings von Angetrunkenen anpöbeln lassen. Gesicht zeigte auch eine Touristin aus Berlin, die derzeit auf der Burg Hohnstein nächtigt. In ihrer Wohngegend befinde sich ebenfalls ein Flüchtlingslager, erzählt die Frau. Sie habe keinerlei negative Erfahrungen gemacht. Die Menschen seien froh, in Sicherheit zu sein, sagte sie. Das schien allerdings nur bei einigen wenigen Hohnsteinern anzukommen.

Am Ende der Veranstaltung dementierte Veranstaltungsanmelder Thomas Held mögliche Verbindungen zur rechten Szene – auch wenn er mit bekannten NPD-Leuten im Landkreis über das soziale Netzwerk Facebook befreundet ist. Irritationen gab es auch wegen des Stadtwappens, das den Einladungsflyer der Bürgerinitiative schmückte. Damit wurde der Eindruck erweckt, es handele sich um eine offizielle Informationsveranstaltung der Kommune. Bürgermeister Daniel Brade (SPD), der am Donnerstagabend auch auf dem Markt war, dazu: „In Hohnstein gibt es keine Wappensatzung. Damit ist auch nicht geregelt, wer das Wappen nutzen darf und wer nicht. Einige Vereine nutzen das deshalb auch.“