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Ratko Mladic will nach Hause

Der Ex-General wird für viele Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht. Da ist Haftverschonung wegen einer Krankheit nicht drin.

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© Icty/pa

Von Thomas Roser, Belgrad

Vom Völkermord an 8 000 Muslimen beim Massaker in Srebrenica bis hin zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei der Belagerung von Sarajevo reicht die lange Liste der Kriegsverbrechen, die die Ankläger des UN-Tribunals in Den Haag dem bosnisch-serbischen Ex-General Ratko Mladic vorwerfen. Der 2011 begonnene Prozess gegen den lange abgetauchten Schergen des Bosnienkriegs (1992-95) wurde im Dezember beendet: 2018 wird mit dem Urteil gegen den mittlerweile 75-Jährigen gerechnet. Doch von seinem Zwangsaufenthalt in den Niederlanden hat der einstige Herr über Leben und Tod nun offenbar genug: Wegen seines schlechtes Gesundheitszustands will seine Familie seine zeitweise Freilassung für eine Behandlung in der Heimat erwirken.

Im UN-Untersuchungsgefängnis werde sein Vater nicht so behandelt, „wie es sein müsste“, begründet Sohn Darko den Antrag, Mladic zur Behandlung in die Heimat zu überstellen: „Er wird immer schwächer. Und wir fürchten das Schlimmste.“ Herzprobleme als Folge von drei Hirnschlägen, die Mladic bereits vor der Verhaftung 2011 erlitt, bestätigen zwar auch dessen Ärzte in Den Haag. Doch nach Angaben eines Tribunal-Sprechers hat sich dessen Zustand in der Haft eher verbessert als verschlechtert. Tatsächlich hatte der gegen seine Richter oft grob ausfällige Mladic seine Gefängnisärzte 2013 noch ausdrücklich gelobt: „Sie haben mich mit beiden Beinen aus dem Grab gezogen. Ohne sie wäre ich schon längst im Paradies.“

Das Ableben eines Angeklagten noch vor der Urteilsverkündigung ist der Albtraum des Tribunals: Auch darum wurde Serbiens an Krebs erkrankter Ultranationalist Vojislav Seselj 2014 vorläufig freigelassen. Aber nicht nur, weil der 2016 in Abwesenheit freigesprochene Seselj sich dank seiner wunderbaren Heilung wieder scheinbar bester Gesundheit erfreut, kann Mladic kaum mit einem ähnlichen Entgegenkommen hoffen. Die dem Ex-General zur Last gelegten Verbrechen sind für eine Haftverschonung einfach zu schwer: So lehnte das UN-Tribunal trotz von Moskau zugesicherter Rückkehrgarantien es bereits im Frühjahr ab, Mladic zur ärztlichen Behandlung nach Russland zu überstellen.