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Rathauschef gibt das Tempo vor

Beim Autofrühling haben die Veranstalter endlich mal wieder Wetterglück. Nicht nur das zieht Besucher nach Großenhain.

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© Anne Hübschmann

Von Thomas Riemer

Großenhain. Da stehen sie wieder: Autos ohne Ende zwischen Hauptmarkt und unterem Frauenmarkt mitten in Großenhains Innenstadt. Am Ende sind es bei der 26. Auflage des Autofrühlings 110 Modelle aus 17 Autohäusern geworden, die traditionsgemäß zum Autofrühling präsentiert werden. Jürgen Frömmel, der einst die Veranstaltung maßgeblich aus der Taufe gehoben hat, ist zufrieden. Zumal an diesem Samstagmorgen auch die Wetterprognose eingetroffen ist: Sonne pur, Temperaturen jenseits der 20-Grad-Grenze.

Kathrin Zülch aus Meißen testete bei strahlendem Sonnenschein in der Großenhainer Innenstadt ein rotes Cabrio.
Kathrin Zülch aus Meißen testete bei strahlendem Sonnenschein in der Großenhainer Innenstadt ein rotes Cabrio. © Anne Hübschmann

Großenhains Oberbürgermeister Sven Mißbach hat dabei sogar noch Glück. Er ist der Erste, der sich dem Wettbewerb im Autoziehen stellt, als das Rathaus noch etwas Schatten auf die Strecke wirft. Die Hürde ist dennoch enorm: Der knallgelbe Trabant aus dem Renault-Autocenter von Dietmar Klück – vor einem Monat noch Oster-Express in Wildenhain und Umgebung – bringt satte 620 Kilogramm Leergewicht auf die Waage plus Ein-Mann-Besatzung noch mal geschätzte 100 Kilo. Doch so kennt man den Rathauschef: Er zieht die Jacke aus, spannt sich vor den Karren und gibt die Zeit vor: 17 Sekunden für rund 30 Meter. „Zum Glück habe ich heut früh noch was gegessen“, sagt er kurz und knapp. Am Ende reicht seine Zeit allerdings nicht fürs Treppchen, Gewinner wird mit Tom Schulz ein Kraftpaket aus der Handballszene.

Sven Mißbach hat vor seinem zugkräftigen Auftritt noch sein ganz persönliches Motto für den Tag preisgegeben: „Ich will mich umsehen und mal sehen, was ich für meinen Diesel noch bekommen würde.“ Was spaßig rüberkommt, hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Denn die Autoindustrie ist durch diverse Abgas- und andere Skandale ins Gerede gekommen. Die Politik diskutiert über Umweltwerte, Dieselfahrverbote und Elektroautos. „Und da lassen sich jetzt alle irgendwas einfallen“, sagt Hans Koch. Er ist mit seiner Frau aus Königsbrück angereist. „Ich hab einen Diesel, aber eigentlich will ich den nicht hergeben“, sagt er. Trotzdem sei Information wichtig, „man kann ja nicht wissen“. Fachkundig begutachtet er die Modelle. „So viele auf einen Schlag – das hat man ja nicht jeden Tag“, so Koch. Angesichts der Fragen beim gemeinsamen Quiz der Autohäuser muss er allerdings des Öfteren passen. „Wer soll sich denn so viele Einzelheiten merken?“

Uwe Richter, Chef des Vereins MC Großenhain im ADAC, ist zufrieden mit der Resonanz. Der Verein mit seinen rührigen Mitgliedern hat in diesem Jahr neben Autoziehen und Quiz auch noch einen Preis für die älteste gültige Fahrerlaubnis ausgeschrieben. Im Vorfeld wurde gerechnet – ein „Lappen“ aus den 1950er Jahren für denkbar gehalten. Dass dann die Fahrerlaubnis von Manfred Strehle mit dem Ausstelldatum 1. März 1944 das Rennen macht, sorgt für Erstaunen und Heiterkeit gleichermaßen.

Der Mix des Autofrühlings stimmt. Während Papas durch Limousinen streifen und Kofferraumgröße begutachten, versuchen sich die Jüngsten beim Quadfahren, am Schmink- und Basteltisch oder beim Sicherheitstraining der Kreisverkehrswacht. Bei Medleys der Musikschule schmecken Bratwurst, Schnitzelbrötchen und das „kühle Blonde“ doppelt so gut. Der MC Großenhain hat weder Kosten noch Mühen gescheut. Und doch ist im Januar der Entschluss gefasst worden, den Autofrühling bis auf Weiteres nur noch aller zwei Jahre durchzuführen. Man wolle die Zeit nutzen, um neue Ideen ins bewährte Konzept aufzunehmen, sagt Uwe Richter. Er könnte sich zum Beispiel auch eine Präsentation von Motorrädern als Zugpferd für jüngere Leute vorstellen. Mit „Zweirad Zschoche“, der am Sonnabend eine Auswahl an E-Bikes mit auf den Hauptmarkt brachte, ist zumindest ein kleiner Anfang schon gemacht. Fortsetzung durchaus erwünscht!