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Rassisten-Flagge bei Karl-May-Fest?

Die Südstaatenfahne ist umstritten, wird von manchen als Nazisymbol gesehen. Jetzt ist die Stadt damit konfrontiert.

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Die Stadt hat Post aus Florida bekommen. Von einer Wissenschaftlerin, genauer einer Deutsch-Professorin, der Florida State University. Ihr Name ist A. Dana Weber und sie arbeitet an einem Buch über Wild-West-Festivals in Deutschland. Die Karl-May-Festtage in Radebeul hat sie für ihre Feldforschung mehrere Jahre hintereinander besucht. Dabei ist ihr ein Detail aufgefallen, das sie sehr beschäftigt. Auch von amerikanischen Besuchern sei sie mit Befremdung darauf angesprochen worden: Warum ist die Dixie-Flagge beim Festival zu sehen?

Manche Westernvereine tragen dabei auch die Dixie-Flagge. In Amerika wird die Fahne von vielen als rassistisches Symbol und US-Äquivalent der Hakenkreuzfahne empfunden. Andere sehen in der Flagge Südstaaten Folklore.
Manche Westernvereine tragen dabei auch die Dixie-Flagge. In Amerika wird die Fahne von vielen als rassistisches Symbol und US-Äquivalent der Hakenkreuzfahne empfunden. Andere sehen in der Flagge Südstaaten Folklore. © Wikipedia

Manche Westernvereine haben die Fahne in Radebeul an ihren Truckern angebracht oder an Zelten gehisst. Die Dixie-Flagge mit den sich kreuzenden dunkelblauen Balken mit weißen Sternen auf rotem Grund sei für viele Amerikaner buchstäblich ein rotes Tuch, sagt Weber. „Sie wirkt auf viele Amerikaner wie eine Nazi-Flagge.“ Sollte die Fahne weiterhin beim Festival öffentlich gezeigt werden? Diese Frage hat inzwischen den Stadtrat erreicht. In der letzten Sitzung wurde das Thema in der Einwohnerfragestunde angesprochen. Christine Ruby, Ortsvorsitzende der Radebeuler SPD, hat die Stadt aufgefordert, sich zur Fahnenproblematik beim Karl-May-Fest zu positionieren.

Die Flagge hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert, als sich mehrere südliche Staaten nach der Wahl Abraham Lincolns zum Präsidenten von den USA abspalteten. Im Bürgerkrieg nutzte die Armee der Südstaaten die Fahne als Kriegsflagge. In Gedenken an die Vorfahren, die im Krieg fielen und als Symbol für das südliche Erbe wird die Fahne noch heute gehisst. Zumindest von einem bestimmten Teil der Bevölkerung. Für andere ist die Flagge ein Symbol für Sklaverei und Unterdrückung.

Dana Weber sagt, dass die Flagge nach den gewalttätigen Neonazi-Demonstrationen in Charlottesville im August wieder sehr sichtbar geworden sei. „Ihre Bedeutung hat sich, so fühlt es sich an, seit diesem Sommer noch verschlimmert, zumal sie Seite an Seite mit Nazi-Flaggen von den white supremacits getragen wurde.“ Die Wissenschaftlerin befürchtet, dass die Laiendarsteller vom Karl-May-Fest, welche die Flagge tragen oder hissen, falsch verstanden werden könnten. „Mir tut das richtig weh, denn ich bin mir sicher, dass die Reenactors, die diese Flagge in Radebeul hissen, keinesfalls die extrem-rassistische politische Richtung vertreten, zu welcher in den USA das Dixie-Banner inzwischen gezählt wird“, sagt Weber.

Rainer Siebert , der beim Karl-May-Fest mit den „Virginia Volunteers Anno 1864“ ein historisches Südstaatencamp nachstellt, weiß, dass es immer mal wieder Diskussionen um die Flagge gibt. Seine Gruppe zeige das Banner aber nicht. „Wir hatten sie von Anfang an nicht, weil wir ja die Geschichte der deutschen Soldaten darstellen“, sagt Siebert. Bei der Sternreiter-Pararade sei ihm die Flagge im letzten Jahr nicht aufgefallen. Aber es gebe viele Westernvereine, die sie noch hissen.

In der Goldgräberstadt Ford Henry hänge die Flagge auch nicht, sagt Jochen Wolfgang Stephan von der Loe River Company. In den USA werde die Flagge von vielen als rechtes Symbol empfunden, sagt er. Auch sein amerikanischer Schwiegersohn habe ihn schon verwundert darauf angesprochen, als er die Flagge in Radebeul gesehen hat. Sie beim Karl-May-Fest zu verbieten, davon hält Stephan aber nichts. „Man sollte lieber mit den Leuten reden“, findet er.

Das ist auch das Anliegen von Wissenschaftlerin Dana Weber. Es gehe ihr nicht darum, etwas zu verteufeln oder zu verbieten, sagt sie. „Ich wünsche mir einfach nur, in erster Linie im Interesse des Festes, dass man vielleicht sensibler und bewusster damit umgeht.“ Ihrer Meinung nach entsteht durch die Flagge beim Karl-May-Fest ein Misston, der nicht zu der Veranstaltung passe. Sie wisse natürlich, dass die Laiendarsteller auch viele historisch korrekte Flaggen benutzen, die zu ihren Rollen passen und gegen die nichts einzuwenden sei.

Stadtsprecherin Ute Leder erklärt auf SZ-Nachfrage, dass die Anfrage im Stadtrat in den Bereich des Kulturamtes weitergeleitet wurde. Dazu äußern werde man sich frühestens in der Stadtratssitzung an diesem Mittwoch. Vielleicht werde das Thema aber auch erst nicht öffentlich im Bildungs-, Kultur- und Sozialausschuss in der nächsten Woche behandelt, so Leder.