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Randale unterm Maibaum

Im Nachbarort den Maibaum zu stehlen, ist ein alter Brauch. Doch im Neschwitzer Ortsteil Luga schlug die Tradition jetzt in Vandalismus um.

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© Verein

Von Kerstin Fiedler

Luga. Die Mitglieder vom Club Wittinghof im Neschwitzer Ortsteil Luga sind sauer. Denn was da in der Nacht von Sonntag zu Montag am Gelände des Vereins stattfand, hat für sie nichts mehr mit Tradition zu tun. Zwar ist es in den Dörfern der Oberlausitz Sitte, im Nachbarort den Maibaum zu stehlen oder es zumindest zu versuchen. Doch was sich in Luga abspielte, verdient eher das Wort Vandalismus. Die Seile, die den Baum hielten, die Bauzäune, die um den Maibaum standen, und der Bewegungsmelder, der zur Bewachung des Baums angeschafft wurde – alles zerstört.

Nach alter Sitte gilt: Maibäume können bis zum Sonnenaufgang des 1. Mai gestohlen werden. Und wenn sie nicht ausreichend bewacht werden, können sie schon mal fallen, bevor das Maibaumwerfen stattfindet. Doch Sandra Benad vom Verein findet, dass mit dem Zerstören von materiellen Dingen eine Grenze überschritten wurde. „Die Zaunsfelder können wir ja dem Betrieb so defekt nicht wiedergeben. Und auch der Bewegungsmelder hat Geld gekostet“, sagt sie. Ihr Freund hatte gegen 7.30 Uhr gemerkt, dass der Baum nicht mehr stand. Doch was dann passierte, war in den Augen der Vereinsmitglieder ein tolles Zeichen von Zusammengehörigkeitsgefühl im Dorf. „Es begann mit einem Anruf, und dann folgte ein Lauffeuer. Schon um 8 Uhr waren die ersten Leute am Club. Und manche waren nach dem Hexenbrennen ja gerade erst ins Bett gekommen“, sagt Sandra Benad. Gegen 8.30 Uhr begannen die Frauen, einen neuen Kranz zu binden, einheimische Firmen wie der Galabau Rottpeter, Agrarbag und Elektro Heidan brachten Technik mit. Ein neuer Baum wurde im Wald gesucht, gefällt und ins Dorf gebracht. Noch vor 13 Uhr stand ein neuer Baum. Das ist laut Tradition erlaubt, wenn der Maibaum erst nach Sonnenaufgang gestohlen wird oder bei einem Verhalten wie in Luga. „Wir sind megastolz auf den Zusammenhalt im Dorf“, sagt Sandra Benad.

Auch in Deutschbaselitz wurde der Baum abgesägt

Mittlerweile wissen die Lugaer auch, wer ihnen den bösen Streich gespielt hat. Der Jugendclub CAP Prietitz brüstete sich auf seiner Facebook-Seite mit den drei geklauten Bäumen aus Luga, Rosenthal und Piskowitz. Es wurde angeboten, die Kränze auszulösen. Das haben die Lugaer auch getan. Zugleich habe man den Prietitzern deutlich gemacht, dass man Vandalismus nicht akzeptiere. – Anne Müller ist Vorsitzende des Jugendclubs in Prietitz, einem Ortsteil der Stadt Elstra. Sie war erschrocken, als sie erfuhr, was in Luga passiert war. „Dort waren Leute von uns, die zum ersten Mal beim Maibaum-Stehlen mitgemacht haben. Wir haben ihnen klar gesagt, dass sie für den Schaden gerade stehen und die Kosten begleichen müssen.“ Seit 1995 fahren die Prietitzer in der Nacht zum 1. Mai herum, um Maibäume zu stehlen. Doch so etwas ist ihnen noch nie passiert. Deshalb haben die beiden Vereine nun Kontakt geknüpft.

Ärger mit dem Maibaum gab es auch in anderen Orten. So war in Deutschbaselitz der als Maibaum vorgesehene Stamm schon vor dem Stellen heimlich zersägt worden. Auch hier zeigte sich der Zusammenhalt. Unternehmer, Feuerwehr und Dorfgemeinschaft stellte einen neuen Baum, der in der Nacht zum 1. Mai bewacht wurde. Doch als die Wachen nach Sonnenaufgang kurz nicht vor Ort waren, wurde auch dieser angesägt. Der Täter ist bekannt – die Polizei hat das Autokennzeichen.