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Rammenau tanzt im Schloss

Bälle in der Barockanlage sind nichts außergewöhnliches. Es sei denn, Dorfbewohner organisieren sie für andere Rammenauer.

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© Rocci Klein

Von Ingolf Reinsch

Rammenau. Der Wettergott meint es gut mit den Rammenauern. Als sie Samstagabend ihren Schlossball eröffnen, haben sich Regen und Gewitter verzogen. Die Hitze des Tages ist angenehmen 22 Grad gewichen. Dorfbewohner sitzen im Hof der Landbarockanlage – gediegen im großen Pavillon oder an rustikalen Sitzgarnituren unter freiem Himmel. Carsten Schöberle und seine Tanzpartnerin sind die Ersten auf der Tanzfläche. Die ist damit eröffnet. Der 39-Jährige ist neben dem Schlossteam Gastgeber für diesen Abend. Seit zwei Jahren ist Carsten Schöberle Wehrleiter in Rammenau – und die Freiwillige Feuerwehr des Dorfes feiert ihren 140. Geburtstag im Barockschloss. Auf den offiziellen Teil am Nachmittag folgt am Abend ein öffentlicher Ball für jedermann und bei freiem Eintritt. So etwas gab es in Rammenau seit Jahrzehnten nicht mehr.

Friedrich Hartmann findet das große Klasse. Das Rammenauer Urgestein denkt da zurück an die 60er und 70er-Jahre, als in der Barockanlage die Kreiserntedankfeste gefeiert wurden – auch mit Tanz fürs Volk. „Das Ambiente im Schloss ist toll, geradezu geeignet für einen solchen Ball“, findet Markus Tübel, selbst Feuerwehrmann.Rund 100 Dorfbewohner mögen es sein, die gekommen sind. Sitzplätze gibt es für doppelt so viele. Im Laufe des Abends kommen immer noch ein paar Gäste hinzu. Wer möchte, kann darin auch ein Symbol sehen. Es gab eine Zeit, da taten sich viele Rammenauer schwer, „aufs Schloss“ zu gehen. Inzwischen hat sich manches geändert. „Das Schloss gehört zu Rammenau“, sagt Carsten Schöberle. Als er vor gut einem Jahr bei Schlossleiterin Ines Eschler anfragte, ob man das Feuerwehrjubiläum in der Barockanlage feiern dürfe, lief er offene Türen ein. Mit Blick auf den Straßenbau direkt vor dem Gerätehaus plante die Freiwillige Feuerwehr langfristig. Würde in Rammenau jetzt nicht die Hauptstraße gebaut, hätte die Feuerwehr im bzw. am Gerätehaus gefeiert.

Gute Gastgeber

Im Barockschloss sind an diesem Abend alle Mitarbeiter auf den Beinen, zumal am selben Tag noch eine Hochzeit gefeiert wird. Die Mitarbeiter braten für die Ballgäste Würste und Steaks, verkaufen Kesselgulasch, schenken Bier, Wein und Alkoholfreies aus. Am Nachmittag gab’s für die Gäste Führungen durchs Barockschloss – kostenlos. Für Ines Eschler und ihr Team ist es keine Frage, auch an diesem Abend gute Gastgeber zu sein. „Die Feuerwehr ist für die Schlossanlage überlebenswichtig“, sagt sie. In den 140 Jahren des Bestehens der Wehr hatte es zwar zum Glück noch nie im Schloss gebrannt. Aber wenn die Brandmeldeanlage auslöst – im vergangenen Jahr war das zweimal der Fall – dann sind die Rammenauer die Ersten vor Ort.

Von der einstigen Distanz zwischen Schloss und Dorf ist wenig zu spüren. „Die Zeit bringt es mit sich“, sagt Udo Mangelsdorf. „Gemeinsame Aufgaben, etwa im Tourismus, erfordern eine enge Zusammenarbeit. Schloss und Gemeinde profitieren voneinander.“ So ist der Rammenauer Chor mehrmals im Jahr bei Veranstaltungen im Schloss dabei. Im Gegenzug erhalten alle Chormitglieder eine Jahreskarte fürs Barockschloss gratis. Alle anderen Rammenauer können sie für zehn Euro kaufen und kommen damit ein ganzes Jahr lang unbegrenzt in die Barockanlage. Auch zwei Gruppen aus der Kindertagesstätte „Spatzennest“ gehören zu den ständigen Besuchern im Schloss. Im monatlichen Wechsel entdecken sie unter Anleitung der Museumspädagogin die Barockanlage und ihre Möglichkeiten. Vom Kräutergarten bis zum Bau von Steckenpferden reicht dabei das Angebot.

Inzwischen wird es dunkel. Für die Feuershow laufen die letzten Vorbereitungen. Die Rammenauer genießen den Abend, sprechen über alte Zeiten, Fußball und das aktuelle Dorfgeschehen. Schön wäre es, wenn es mal wieder einen Ball von Rammenauern für Rammenauer im Schloss geben würde, hört man immer wieder.