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Raketenmäßiger Ärger

Mit dem Projekt „Smart Rockets“ griff Olaf Przybilski an der TU Dresden nach den Sternen. Nun wurde ihm gekündigt.

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© Klaus-Dieter Brühl (Archiv)

Von Jana Mundus

Großenhain/Dresden. Wenn Mira in den Himmel aufsteigt, wird er nicht dabei sein. Im Sommer 2012 übernahm Olaf Przybilski die Leitung des Projekts „Smart Rockets“ an der Fakultät Maschinenwesen der TU Dresden. Gemeinsam mit den Studenten entwickelte er eine einzigartige Flüssigbrennstoff-Rakete. Mira nannten die Forscher ihr Baby. Doch für Przybilski endet der Weltraumtrip schon vor dem Start auf dem Großenhainer Flugplatz. Die TU Dresden kündigte ihm plötzlich im Februar. Nur wenige Wochen vor Ende des Forschungsprojekts. Zu Unrecht findet er und wehrt sich.

Denn das Projekt könnte für Aufsehen sorgen: Die Mira-Rakete wird durch ein Gemisch aus flüssigem Sauerstoff und Alkohol angetrieben. Sie könnten kleine Satelliten in rund 300 Kilometer Höhe transportieren. Und das für einen Bruchteil der Kosten, die die großen Raketen von NASA, ESA & Co. verschlingen. Ein Novum für die deutsche Raumfahrtszene. Dieses Potenzial erkannte auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das das Projekt seit 2012 finanziell unterstützt. Mit 340 000 Euro. Im Jahr 2012 wurde der Österreicher Martin Tajmar der neue Chef von Olaf Przybilski. Doch irgendwann verschlechterte sich das Verhältnis zu dem Leiter des Instituts für Luft- und Raumfahrttechnik. „Er suchte nach allen möglichen und unmöglichen Verfehlungen meinerseits, die es nicht gibt“, erklärt der 56-Jährige. Ganz im Gegenteil. Er sei seit 30 Jahren für die TU tätig, ohne Er- und Abmahnungen. Die Studenten zeichneten ihn mehrfach für die beste Vorlesung aus.

Vermischung von Sachverhalten

In der ersten Anhörung zum Fall vor dem Arbeitsgericht rollte Anwältin Alette Gabriel vom Landesamt für Steuern und Finanzen, die die Seite der TU Dresden vertritt, jedoch gleich einen ganzen Katalog von Kündigungsgründen aus. Da wäre zum einen die von Przybilski und einem Partner Mitte 2015 gegründete Firma „Sächsische Raketen Technik UG“. Der Vorwurf: Er würde die Arbeit für die TU und das Engagement für die eigene Firma nicht klar voneinander trennen. Beleg dafür sei, dass er als Anschrift für seine Firma die Hausanschrift der Universität auf der Marschnerstraße nutzt. „So stimmt das nicht“, verteidigte sich Przybilski vor Richter Ulrich Busch. „Ich habe damals extra um Erlaubnis gefragt, ob ich den Briefkasten aufhängen darf.“ Doch damit nicht genug. Dass Przybilski Veröffentlichungen in der Presse nicht mit der Institutsleitung abgestimmt habe, hätte das Vertrauen in seine Person zusätzlich erschüttert.

Außerdem hätte er sich gegenüber dem Drittmittelgeber DLR nicht korrekt verhalten. Anwältin Alette Gabriel zog ein Beispiel dafür heran. Martin Tajmar habe mit dem DLR über 340 000 Euro für die Fortführung des Projekts gesprochen. „Herr Przybilski hat dann eigenmächtig beim DLR 25 000 Euro beantragt.“ Diesen Punkt konnte der Beschuldigte allerdings entkräften. „Dieses Geld wollte ich für die jetzt zu Ende gegangene Projektphase haben, weil uns seit Herbst 2015 die Mittel ausgegangen waren, um die Rakete in diesem Frühjahr erstmals starten zu können.“ Er sieht eine klare Vermischung der beiden Sachverhalte. Anwältin Gabriel zeigte sich unbeeindruckt und erklärte, dass wohl auch das DLR das Vertrauen in ihn verloren habe. „Das kann ich nicht glauben, wir haben immer gut zusammengearbeitet“, so Przybilski. Beim DLR will man sich aufgrund des laufenden Verfahrens momentan lieber nicht äußern.

Im Februar erhielt der Raketen-Experte die fristlose Verdachtskündigung. Mit dem Personalrat versuchte er, darüber zu reden. Ohne Erfolg. Eine Stellungnahme dazu lehnt das Gremium heute ab und verweist auf die laufenden Verhandlungen.

Institutschef übernimmt Projekt

Einzig Institutsleiter Martin Tajmar äußert sich zum Fall. Der 41-Jährige übernahm Mitte Februar selbst die Leitung des lukrativen Projekts „Smart Rockets“. Mit dem DLR ist er sich bereits einig geworden, alles läuft derzeit normal weiter. Allerdings ist die Halle auf dem Großenhainer Flugplatz gekündigt. „Meiner Tätigkeit ist es zu verdanken, dass das Projekt bis zum Sommer verlängert wurde“, so Tajmar. Er hat jetzt eine schöne Aufgabe vor sich. Wenn Mira bis zum Sommer abhebt, wird er es sein, der die Fragen der Journalisten dazu beantwortet. Als Institutsleiter muss er dafür noch nicht einmal jemanden um Erlaubnis fragen. Olaf Przybilskis nächste Wochen werden emotional anstrengend. Nach 30 Jahren steht er erstmals nicht mehr bei Lehrveranstaltungen vor den Studenten.

Mit einer Verfügungsklage wollte er kurzfristig erreichen, dass er vorerst wieder unterrichten darf. Das Gericht lehnte das ab. Nun soll ab 11. August über die Kündigung verhandelt werden. „Ich will, dass mein Name wieder reingewaschen wird“, wünscht sich der entlassene Doktor.