Merken

Rätselhafte Pläne für eine Ruine

Investoren planen angeblich Appartements mit 100 Betten. Allerdings sind die Geldgeber unauffindbar.

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Jürgen Müller

Lommatzsch. Das klingt gut: In dem kleinen Lommatzscher Ortsteil Albertitz soll eine Ruine verschwinden. Der alte Vierseithof am Ortsausgang ist in einem miserablen Zustand. Hier wohnt schon lange keiner mehr. Doch jetzt gibt es Bauvoranfragen. Im Juni dieses Jahres wandten sich Tanja und Ingo Hülsmann aus Berlin an das Meißner Landratsamt. Demnach planen sie, in dem alten Vierseithof ein Ferienappartement mit einer Kapazität von 100 Betten und Gastronomiebereich einzurichten. Doch das für Baufragen zuständige Landratsamt Meißen lehnte die Pläne ab. „Dafür hätte es eine Nutzungsänderung für den Hof geben müssen. Das Grundstück befindet sich aber im Außenbereich. Eine solche Änderung ist nicht genehmigungsfähig“, sagt Helena Musall, Sprecherin des Landratsamtes. Dies habe man den Hülsmanns mitgeteilt und ihnen gleichzeitig empfohlen, die Bauvoranfrage zurückzunehmen. Ansonsten wären nämlich Kosten entstanden. Das hätten die beiden schließlich gemacht. „Das bauplanungsrechtliche Verfahren war damit für uns abgeschlossen“, sagt Helena Musall.

War es aber offenbar nicht. Überraschend traf wenige Wochen später ein vierseitiges Schreiben eines Herrn Hossein Djamjidi aus München an den Landrat ein. In diesem beschwerte er sich darüber, dass das Bauvorhaben zur Schaffung eines Ferienhofes durch das Kreisbauamt abgelehnt wurde. Damit sei ihm als Eigentümer des Hofes ein Schaden in fünfstelliger Höhe entstanden und der Hof sei dem Verfall preisgegeben, da alternative Nutzungen nicht umsetzbar seien. Auch ihm antwortet das Amt. Das Grundstück in Albertitz, das aus drei Höfen und fünf einzelnen Häusern besteht, stellt eine Splittersiedlung im Außenbereich der Stadt Lommatzsch dar. Der Hof sei zuletzt im Jahr 2010 von zwei Bewohnern genutzt worden. Es seien umfangreiche Umbauarbeiten erforderlich, um die geplante Ferienanlage einzurichten. Eine derartige Nutzungsänderung könne nicht genehmigt werden. Ohnehin müsse die Stadt Lommatzsch zuerst Baurecht schaffen, das heißt, sie müsste den Flächennutzungsplan ändern.

Schaden in Rechnung stellen

Merkwürdig: Auf dieses Schreiben antworteten Veronika Modlmeyr und Josef Graf, beide ebenfalls aus München und angeblich Geschäftspartner des Herrn Djamjidi. Jetzt ist von einer sechsstelligen Investitionssumme die Rede, die ein Mitarbeiter des Amts verhindert habe. „Natürlich werden wir den von Ihrem Amt angerichteten Schaden noch in Rechnung stellen“, heißt es. Der Schaden sei zum einen die Differenz des ehemals angebotenen Kaufpreises zu dem Preis, der jetzt noch von anderen gezahlt wird. Hinzu kämen Leerstandskosten, Kosten für angesammelten Müll und weitere Besichtigungen. Im Landratsamt sieht man dem gelassen entgegen. Schadenersatz könne nur geltend gemacht werden, wenn die Entscheidung des Amtes eine rechtswidrige Amtspflichtverletzung darstelle, aufgrund derer ein rechtmäßiges Bauvorhaben versagt wurde und ein daraus zu erwartender Gewinn nicht zu erzielen war. Dies sei nicht der Fall.

Dubios ist die ganze Sache auch, weil in allen Schreiben zwar Adressen, jedoch keine Telefonnummern oder Mailkontakte angegeben sind. Auch in Telefonbüchern und in Internet gibt es keine Hinweise auf die fünf betreffenden Personen. Niemanden der fünf hat das Amt jemals zu Gesicht bekommen, alles lief nur im Schriftverkehr. „Das ist unüblich bei Projekten solcher Größenordnung. Normalerweise treten die Interessenten dann persönlich im Landratsamt oder in der Stadt auf“, sagt Helena Musall.

Auch in der Stadtverwaltung Lommatzsch hat nie jemand wegen dieser Bausache vorgesprochen, sagt Bürgermeisterin Anita Maaß (FDP). Davon abgesehen hält sie ein Feriendomizil für über 100 Personen in einem Ort wie Albertitz für völlig unrealistisch. Selbst Graf und Modlmeyr sprechen in ihrem Schreiben von dem „Kaff Albertitz“. Aufgeben wollen sie offenbar nicht. Sie hätten auch Angebote für ein Kfz-Gewerbe und eine Recyclingfirma.

Die SZ konnte die angeblichen Investoren nicht befragen. Der Brief von Graf und Modlmeyr kam ohne Absender.