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Radweg-Ärger und kein Ende

Zwischen Kamenz und Pulsnitz geht der Bau kaum voran. Besser sieht es bei Kamenz-Schiedel aus.

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© Marco Klinger

Von Reiner Hanke

Kamenz. Die Geisterschranke am Bahnübergang für den künftigen Radweg in Gelenau senkt sich. Das tut sie seit rund fünf Jahren zuverlässig. Aber nur für das Unkraut, das davor und dahinter gen Himmel schießt. Denn es gibt keinen Radweg. Ein Radler reiht sich dafür auf der Staatsstraße 95 nebenan eingezwängt zwischen zwei Lastern ein.

Der Radwegbau in der Region Kamenz.
Der Radwegbau in der Region Kamenz. © Grafik: SZ

Passionierter Radler ist auch der Kamenzer Grünenpolitiker Jörg Stern. Er kämpft schon viele Jahre für Radwege in der Region, so auch den an der S 95 zwischen Pulsnitz und Kamenz. Dort würde der Kamenzer Pädagoge gern öfter fahren: „Das geht aber höchstens in den Abendstunden, wenn der Verkehr abflaut.“ Ansonsten fahre die Angst mit. Vor allem, wenn Laster vorbei donnern, und am Radler zerren. Er rät Radfahrern von dieser Trasse ab. Viele würden das wegen der Gefahren ohnehin schon beherzigen. Aber gerade das Stück zwischen Gelenau und Gersdorf sei wichtig und müsste dringend gebaut werden wegen der Gefahren: „Hier werden hohe Geschwindigkeiten gefahren.“ Als Schulweg, zum Einkaufen oder zur Arbeit und nicht zuletzt für Radtouristen sei die Trasse wichtig. Stern weiß auch aus Statistiken, dass immer mehr Menschen für den Arbeitsweg aufs Rad umsteigen oder umsteigen würden, wenn das Netz besser ausgebaut wäre. Die Lücken im Radwegenetz oder der schlechte Zustand werden immer im Sommer zur Radlerzeit besonders schmerzlich bewusst. Die SZ griff aktuelle Beispiele auf. Dazu gehört die Trasse Pulsnitz-Kamenz. Von den gut acht Kilometern wurden bisher erst 1 800 Meter bei Pulsnitz gebaut. Das liegt nun schon Jahre zurück. Im August sollte nach mehrfachem Aufschub endlich der zweite größere Abschnitt von Weißbach/Niedersteina bis zum Viadukt in Gersdorf gebaut werden. Das kündigte das Landesamt für Straßenbau zuletzt im Februar an.

Radwegbau zwischen Weißbach und Gersdorf verschiebt sich erneut?

Ursprünglich sollten in wenigen Tagen die Bagger für den Radweg zwischen Weißbach und Gersdorf anrollen. Zwischen Bahndamm und Straße soll die Trasse verlaufen. Nun ließ die Straßenbaubehörde wissen, dass es immer noch keine Bauerlaubnis der Deutschen Bahn gebe. Immerhin sei sie angekündigt worden. Wenn diese vorliege, soll zumindest in Weißbach/Niedersteina noch im Oktober an der Kreuzung gebaut werden, ein kleines Stück Radweg inklusive. Dafür werde voll gesperrt, so Isabell Siebert, Sprecherin im Landesamt für Straßenbau. Dann soll es erst 2016 weitergehen und die Trasse von Weißbach bis Gersdorf hergestellt werden. Einen Baustart nennt die Sprecherin nicht.

Düster sieht es jetzt aber für die beiden letzten Abschnitte bis Kamenz aus. Der laufende Ärger mit dem Grunderwerb und die Querelen mit der Bahn wegen des Baurechts haben zu einer folgenreichen Entscheidung geführt. Das Landesamt wird ein sogenanntes Planfeststellungsverfahren beginnen. Auf dem Weg kann der Bau quasi auch per Enteignung durchgesetzt werden. Allerdings kann das sehr langwierig werden und Jahre dauern, sagen Fachleute. So sei über den Weiterbau derzeit keine Aussage möglich, schlussfolgert das Landesamt. Offen sind dann noch immer 4,2 km mit Kosten von 1,75 Millionen Euro, inklusive der Anteile von Kamenz (138 000 Euro) und dem Haselbachtal (26 000 Euro). Der Kamenzer Stadtrat Jörg Stern kann nur mit dem Kopf schütteln über dieses Trauerspiel. Immer wieder werde so getan, als ob es losgeht und dann doch wieder abgeblasen. Seit 1995 beschäftigten sich Behörden schon mit dem Radweg, weiß er. Er fragt sich, warum erst nach 20 Jahren eine Planfeststellung kommt. Der Weg könnte schon gebaut sein. Die Verfahren seien nicht einfach, aber so lange sollte es nicht dauern, so Stern. Vielleicht hätten die Planer ja immer wieder auf die Vernunft bestimmter Grundstückseigentümer gesetzt, mutmaßt der Oberlichtenauer Bibelgärtner Maik Förster. Er nahm wie Stern selbst an Demos für die Trasse teil. Es sei schlimm, dass einzelne so ein Projekt ausbremsen könnten, sagt er. Stadtrat Stern will in den nächsten Wochen wieder eine Offensive für den Radweg starten und Druck machen. Das betrifft noch andere Strecken. So den Lückenschluss Richtung Panschwitz zwischen Thonberg und Abzweig Miltitz und Richtung Königsbrück bis Abzweig Liebenau.

Zwischen Zschornau und Schiedel stockt es ebenfalls

Dort wird derzeit an der Straße gebaut, und es ist voll gesperrt. Die Deckschicht wird erneuert, noch bis in den August hinein. An der Staatsstraße soll auch ein Radweg gebaut werden. Das ist schon lange ein Wunsch der Anwohner, wurde schon mehrfach zugesagt und für 2015 versprochen, weiß Ortschaftsrat Jens Kreische. Nun habe er gelesen, dass es doch nichts werde und ärgere sich: Wochenlang werde an der Straße gebaut, ohne den Radweg. Die Leute fühlten sich verschaukelt. Gerade in dem Bereich seien viele Radler zum Friedhof unterwegs und der Weg entlang der Staatsstraße gefährlich. Das bestätigt auch Stadtrat Jörg Stern. Die Stadt zeigt ihrerseits auf das Landesamt für Straßenbau. Dort heißt es allerdings: „Die Planung lief federführend bei der Stadt Kamenz“, so Isabell Siebert. Nachdem die Stadt nun alle Unterlagen geliefert habe, konnte im Juni grünes Licht für den Bau gegeben werden. Das heißt: Das Landesamt habe nun gerade erst das nötige Geld beantragen können, erklärt Siebert. Das seien zwar noch nicht zugesagt:„Aus heutiger Sicht wäre ein Baubeginn im Oktober aber noch möglich.“ Vorausgesetzt, das Geld werde jetzt noch zügig freigegeben. Ansonsten würde sich die Ausschreibung des Vorhabens verschieben und erst 2016 gebaut.

Holprige Trassen im Waldgebiet werden jetzt begutachtet

In den 1990er-Jahren wurden zwischen Zschornau und Biehla, Bernbruch und Zschornau sowie Biehla und Schiedel Waldwege asphaltiert. Doch die beliebten Radtrassen bröckeln jetzt. Wurzeln treiben den Belag nach oben, beklagte jetzt Radler Christoph Rißka aus Bernbruch: „Man muss schon Slalom mit dem Rad fahren. Es wäre doch schade, wenn die Wege verfallen würden.“ Im Kamenzer Rathaus ist wohl nicht all zu viel über diese Wege bekannt. Aufgrund des Hinweises werde nun geprüft, was an den Waldwegen getan werden muss und wer dafür verantwortlich ist.

Radweg an der Staatsstraße 56 wird nur ein Fußweg

An der Mittelbacher Straße rechnet die Stadt Pulsnitz Ende September mit dem Baubeginn einer lange geplanten Trasse. Damit die Pulsnitzer vom Stadtrand sicherer ins Zentrum kommen. Die Trasse war ursprünglich als Rad-/Fußweg geplant. Der Radwegbau scheiterte laut Stadt letztlich am nötigen Grundstückserwerb. Nun wird ein Gehweg gebaut. Zumindest die Fußgänger und Kinder auch per Rad werden davon profitieren. Gebaut werden jetzt etwa 600 Meter bis zum letzten Gehöft auf der linken Seite stadtauswärts. Perspektivisch soll diese Trasse als Radweg bis Mittelbach und Großnaundorf weitergeführt werden. Das ist Zukunftsmusik. Aber vielleicht wird bis dahin zumindest die Geisterschranke von Gelenau endlich mit einem Radweg verbunden.Auf ein Wort