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Radebeul vermüllt

Dreckecken an Haltestellen und in Parks im gesamten Stadtgebiet häufen sich.

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© Anne Hübschmann

Von Ines Scholze-Luft und Benedikt Hecking

Radebeul. Der blaue Schirm ist weg. Am Dienstagabend lag er noch an der Straßenbahnhaltestelle auf der Meißner Straße in Radebeul-West. Mit verbogenen Rippen, aber sonst ganz in Ordnung. Offensichtlich weggeschmissen wegen mangelnder Schönheit, landete er neben Zigarettenkippen und anderem Müll auf dem Gehweg. Bis zum nächsten Morgen. Da war er verschwunden. Vielleicht zurück im aktiven Dienst, bei dem starken Regen.

Auch die Straßenbahnhaltestelle Moritzburger Straße bietet keinen schönen Anblick.
Auch die Straßenbahnhaltestelle Moritzburger Straße bietet keinen schönen Anblick. © Ines Scholze-Luft
Du bist ein großes Dreckschwein – so der Kommentar vermutlich erboster Anwohner zu der wilden Garten- und Biomüllablagerung auf der Straße des Friedens.
Du bist ein großes Dreckschwein – so der Kommentar vermutlich erboster Anwohner zu der wilden Garten- und Biomüllablagerung auf der Straße des Friedens. © Ulrike Keller

Auf eine solche Lösung des Müllproblems können weder Stadt noch Verkehrsbetriebe hoffen. In jüngster Zeit verstärken sich wieder die Folgen des wilden Abfallentsorgens im gesamten Stadtgebiet. Mit Schwerpunkt Parks, Zug-Halt und Straßenbahnhaltestellen sowie Elberadweg.

Radebeul-West vergammelt regelrecht, schreibt eine Leserin und klagt über verdreckte Haltestellen und den ungepflegten Stadtpark hinter der Apotheke. Auch die Abfallbehälter würden immer weniger. Und die Anlieger der Bahnhofstraße könnten dafür sorgen, dass vor den Geschäften nicht so viel Müll liegt, so ihr Vorschlag.

Die Straßenbahnhaltestellen tauchen des Öfteren in der Kritikliste auf. Falk Lösch, Pressesprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) hat auf die Frage nach der Zuständigkeit eine klare Antwort. Alle Haltestellen außerhalb der Dresdner Stadtgrenze werden vertragsgemäß durch die jeweilige Kommune betreut. Wenn es keine Anliegerpflichten gibt. „Als DVB sind wir auf Radebeuler Flur nur für die Stele und den Fahrplanaushang zuständig.“

„Kurze Drähte“

Die Zusammenarbeit mit der Stadt Radebeul würde in der Regel sehr gut funktionieren. Lösch spricht von „kurzen Drähten“. Den DVB seien die Haltestellen an der Meißner/Moritzburger Straße bisher nicht als Schwerpunkt für Verunreinigungen bekannt. Für den Notfall gebe es eine schnelle „Eingreiftruppe“. Die gehe kurzfristig Hinweisen von Fahrern und Fahrgästen zum Haltestellenzustand nach, säubere zusätzlich. Nach Veranstaltungen oder bei extremen Verschmutzungen.

Die Haltepunkte der Deutschen Bahn werden einmal pro Woche gereinigt, informiert die DB-Pressestelle. Außerdem sei ein Nachhaltigkeitsteam im Einsatz. Das fährt die Stationen zusätzlich ab, mache bei Bedarf nach drei Tagen nochmals sauber. Wird eine größere Verunreinigung gemeldet – auch von Reisenden über die Rufnummer im Bahnhofsaushang – werde sie alsbald entfernt. Was jedoch nicht immer sofort hilft. Erst kürzlich beschwerte sich ein Leser bei der SZ über schmutzige Bahnhöfe, unter anderem in Radebeul. In Ost würden Kothaufen am Aufzugsschacht liegen, der würde außerdem nach Urin stinken. Bei einer Stippvisite der SZ in Ost war davon nichts mehr zu spüren, auch in Kötzschenbroda müffelte es nicht.

Dafür fand sich an manch anderem Ort Grund zum Ärgern. Über den Müll auf den Elberadweg-Rastplätzen in Serkowitz und Altkötzschenbroda ebenso wie an der Panzerstraße. Dazu ständig überfüllte Papierkörbe. Verdreckte Grillstellen, ein einfach mal so abgestelltes Sofa (SZ berichtete) an der Elbe, Mülltüten an der Kötzschenbrodaer Straße und am Kaufland, alte Kühlschränke und Fernseher am Gottesacker.

Papierkorb-Tour dreimal in der Woche

Der Abfallzweckverband ZAOE musste 2015 rund 158 000 Euro aufwenden, um wilde Ablagerungen zu entsorgen. Und die Stadt Radebeul – oder besser das von ihr beauftragte Unternehmen Neru – hat ebenfalls mit dem Müllberäumen nicht nur an den Haltestellen alle Hände voll zu tun. Rund 200 Papierkörbe sind zu leeren. Der Abfall drumherum soll gleich mit verschwinden. Dreimal in der Woche rollt die Papierkorb-Tour durch die Stadt samt Elberadweg. Das kostet monatlich 4 000 Euro, sagt Heike Funke vom Sachgebiet Stadtgrün. Dabei wird auch immer wieder überprüft, wo ein Papierkorb fehlen könnte.

Doch das Behältnis allein ist kein Garant dafür, dass der Müll hineinkommt. Oft liegen Papier- und Plastikschnipsel wenige Zentimeter daneben, wie im Park an den Landesbühnen oder im Apothekerpark in West. Vorbildlich dagegen zeigt sich die Hauptstraße in Ost, dort findet sich so gut wie kein Abfall. Ebenso wenig im Waldpark an der Moritzburger Straße.

Dabei hat die Stadt niemanden mehr, der öffentliche Flächen sauber hält wie einst ABM-Leute und Ein-Euro-Jobber. Da bleibt nur, Grünflächen wie den Spielplatz auf der Steinbachstraße nachts abzuschließen, auch wenn ein Wachdienst bezahlt werden muss. Was Heike Funke außerdem gut fände: Kontrollen in Parks und an der Elbe, wo sich junge Leute versammeln und oft ein Müllchaos zurücklassen.