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Rabenaus Feuerwehr kämpft um jeden Mann

In allen sechs Ortswehren schrumpft das Personal. Nun wird nach Anreizen gesucht, junge Leute zu begeistern.

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© Archiv: Roland Halkasch

Von Annett Heyse

Rabenau. Die Idee war ein bisschen provokant, aber sie hatte sich im Dorf schnell herum gesprochen: Vorigen Sommer verteilte die Feuerwehr Rabenau im Ortsteil Spechtritz an jeden Haushalt einen Wassereimer. „Löschwasser“ war aufgedruckt, drinnen lag ein Zettel mit einem Fünf-Punkte-Plan, sollte es einmal brennen. Erstens: Feuerwehr rufen und warten, stand da. Dann aber folgte Galgenhumor. Denn falls die Feuerwehr nicht kommt, so der Vorschlag, sollte man selbst tätig werden. Punkt fünf klang dann etwa so: Nachbarn alarmieren und Eimerkette bilden.

Armin Groß, Stadtwehrleiter von Rabenau.
Armin Groß, Stadtwehrleiter von Rabenau. © Thorsten Eckert

Die Löscheimer-Aktion indes war nur als halber Scherz gedacht. Vielmehr war es ein Hilferuf der Retter. Denn die kleine Spechtritzer Ortswehr hat mittlerweile so wenig Personal, dass sie tagsüber in der Woche gar nicht mehr einsatzbereit ist. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Stadtwehrleiters Armin Groß hervor.

Brennt es im Ort tatsächlich oder geschieht ein Unfall, müssen Ortswehren aus den Nachbardörfern anrücken – was Zeit kostet. Ähnlich ist es in Obernaundorf. Auch hier kommen so wenig Mann zusammen, dass sie ihr Auto an Wochentagen nicht besetzen können. „Wir haben eine gute Technik, immer in die Feuerwehr investiert, aber was nützt es, wenn die Kameraden in den Ruhestand gehen und keiner nachrückt“, sagt Groß. Noch sei der Brandschutz grundsätzlich sichergestellt – an den Wochenenden und in den Nachtstunden sind immer alle Ortswehren einsatzbereit. „Aber auf uns kommt ein Personalproblem zu.“

In Zahlen hört sich das so an: Die Sollstärke der Feuerwehr müsste bei 112 Kameraden liegen. In sechs Ortswehren gibt es derzeit aber nur 106 aktive Kameraden, Tendenz fallend. Im Jahr 2008 waren es noch 123 Männer und Frauen, die ihren Dienst taten. Auch die Altersstruktur macht dem Wehrleiter Sorgen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 42 – was erst einmal nicht schlecht klingt. Allerdings sind 42 Kameraden über 50, 26 Männer über 55 und neun Feuerwehrleute über 60 Jahre alt. „Die werden bald die Altersgrenze erreichen und dann müssen wir sie ersetzen“, sagt Groß. Doch wie?

Die meisten Brandhelfer rekrutiert die Rabenauer Wehr aus der Jugendabteilung. Da sieht es nicht schlecht aus – 43 Kinder gehen in ihrer Freizeit in die Jugendwehr, Tendenz steigend. Zum Vergleich: 2008 hatte die Jugendwehr 24 Mitglieder. Allerdings wechselt nicht jeder in die aktive Wehr, wenn er 18 Jahre alt ist. „Maximal 30 bis 40 Prozent“, schätzt Wehrleiter Groß. Und das sei schon großzügig gerechnet. Dennoch: Von allen Neuzugängen in den vergangenen Jahren kamen 85 Prozent aus der Jugendwehr. Schwierig ist es hingegen, an die jungen Männer und Frauen zu gelangen, die noch nie etwas mit Feuerwehr zu tun hatten. Groß: „Wenn wir die ansprechen, sind sie durchaus interessiert und sagen uns auch, dass die Feuerwehr wichtig ist. Aber wenn es konkret wird, winken viele ab.“

Vor allem werden Interessenten abgeschreckt, wenn es um die Ausbildung geht. Allein ein Grundlehrgang zieht sich über Monate hin, beinhaltet etliche Lehrgänge an Wochenenden, dazu noch den regelmäßigen Dienst an den Wochentagen nach Feierabend. Junge Menschen mit Familie hätten dazu schlicht keine Zeit, sagt Armin Groß.

Rabenaus Stadträte diskutierten nun in ihrer Ratssitzung am Montagabend über den Zustand des Löschwesens. Wenn eine lange Grundausbildung über viele Wochenenden nicht attraktiv ist, wie wäre es zum Beispiel mit einem 14-tägigen Crash-Kurs, warf Stadtrat Erik Derr (Freie Wählergemeinschaft) in die Runde. Wehrleiter Groß brachte vor, man könne Feuerwehrleuten und deren Familien seitens der Kommune Vergünstigungen anbieten, beispielsweise Rabatte beim Kindergartenbeitrag oder bei anderen Gebühren.

Derzeit setzt man vor allem auch auf Doppelmitgliedschaften. Wer in Rabenau arbeitet, aber in einer anderen Wehr Mitglied ist, kann trotzdem bei Alarm mit ausrücken. Das trifft auf mehrere Mitarbeiter der Stadtverwaltung und des Bauhofs zu. Damit ist der Spechtritzer Wehr zwar noch nicht geholfen, aber immerhin war hier die Eimeraktion nicht ganz umsonst: Bei der Ortswehr tun jetzt zwei Neue ihren Dienst. Derart ermutigt, will die Rabenauer Wehrleitung demnächst in Obernaundorf solche Löscheimer verteilen.