Von Frank Oehl
Kamenz. Quo vadis – was heißt‘n das“, wird im berühmten Sketch von Böhnke und Lange immer wieder gefragt. Natürlich wissen wir Bescheid: „Quo vadis“ ist ein Sandalenfilm-Titel und heißt: „Wohin gehst du?“ Gemeint ist auf das Hier und Heute bezogen nicht etwa Rom und auch nicht ein Kino, sondern die Lessingstadt selbst. Hier startet am Donnerstag ab 19 Uhr im Ratssaal die Bürgerbeteiligung zur Leitbilddebatte in der Stadt. Es geht gewissermaßen um die Agenda 2025/2030, also durchaus um die Frage: „Quo vadis? Wohin gehst du, Kamenz?“ Dass dies ein Thema von großem öffentlichen Belang ist, versteht sich von selbst. Auch die Debatten des vergangenen Jahres – zum Beispiel um die schwierige Lage der Kamenzer Innenstadt – haben dies deutlich gemacht. Der Stadtrat und das Rathaus sind inzwischen in die Offensive gegangen, indem sie die Kamenzerinnen und Kamenzer stärker als früher selbst in die Zukunftsüberlegungen einbinden.
Das Leitbild einer Stadt knüpft natürlich immer an Ideen an, die es bereits gibt. Kamenz ist ein wichtiges Mittelzentrum zwischen Hoyerswerda, Bautzen und Dresden – und soll es bleiben. Dazu ist es nötig, das sogenannte „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ (Insek) von 2001 und 2008 weiter fortzuschreiben. Das zeigt zum Beispiel auch der Seitenblick auf die in der Stadt verteilten Neubaublöcke. Die Großvermieter-Familie in der Stadt ist seit längerem einem dramatischen Wandel unterworfen. Frühere Absprachen, die gerade für den geordneten Rückbau von Wohnungen wichtig waren, gelten nicht mehr.
Wichtige Funktion für die Umgebung
Aber noch entscheidender für die fällige Leitbild-Debatte ist das, was sich an der wirtschaftlichen Basis der Stadt tut. OB Roland Dantz in seiner Einladung zur Einwohnerversammlung am 2. März: „Wir befinden uns in einer spannenden Phase der städtischen Entwicklung.“ So seien mit der 500-Millionen-Investition der Daimler AG und der Wiederbelebung des Schulstandortes in der Stadtmitte Rahmenbedingungen geschaffen worden, „die einer Neuausrichtung bei der mittel- und langfristigen Planung der Stadtentwicklung bedürfen“. Es gelte nach wie vor, nicht nur die Daseins- und Versorgungsaufgabe für die Bürger der Stadt wahrzunehmen, sondern insbesondere auch für die Bewohner der näheren Umgebung.
Vier Diskussionsforen im Rathaus
Die öffentliche Debatte um das Leitbild der Stadt im Grunde für die nächsten beiden Jahrzehnte beginnt mit einem Novum. Zum ersten Mal sind die Bürgerinnen und Bürger am Donnerstag eingeladen, sogar in vier verschiedenen Arbeitsgruppen mitzureden (siehe unten stehenden Beitrag zum Thema). Für den ganzen Prozess wurde eine externe Moderatorin gewonnen. Es ist die Freibergerin Hilke Domsch, die schon Erfahrungen mit ähnlichen Diskussionsrunden hat. „Ich habe in den vergangenen Wochen 40 intensive Gespräche mit Kamenzerinnen und Kamenzern geführt, die für mich sehr aufschlussreich waren.“ Dieses Herangehen hat einen großen Vorteil, der bereits am Donnerstag ab 19 Uhr im Ratssaal greifen kann. Hilke Domsch wird das Ergebnis ihrer Recherche nämlich in acht Punkten visualisieren. Zunächst zur Einführungsfrage „Wo stehen wir – was haben wir erreicht?“ Das dabei auch Defizite angesprochen werden, versteht sich von selbst. Die Grundstimmung in der Stadt, so viel verrät die Moderatorin schon mal vorab, sei aber überaus positiv. „So etwas habe ich bisher selten erlebt.“
Digitales Bürgerportal
Damit ist die Vorbereitungsphase der Leitbilddebatte abgeschlossen. Jetzt startet die Öffentlichkeitsbeteiligung, wobei die Einwohnerversammlung selbst nur eine von vielen Formen darstellt. Wenn sich am Donnerstag die Gruppenarbeit bewährt, könnte sie danach fortgesetzt werden. Außerdem gehe es auch um die „modellhafte Erprobung“ neuer Teilhabeforen, was selbstverständlich auch ein digitales Bürgerportal auf der Homepage der Stadt einschließen könnte. Auch der Einrichtung eines solchen hat der Stadtrat jüngst grünes Licht gegeben. Dass das alles auch mit Kosten verbunden ist, versteht sich von selbst.