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Qualität aus der Backstube

Der Schönbrunner Horst Peschel und sein Sohn Renè pflegen ihr Handwerk. Auch wenn die Discounter die Preise drücken.

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© Steffen Unger

Von Constanze Knappe

Eine lange Schlange vor dem Bäckerladen. Mancher erinnert sich da an DDR-Zeiten. In Schönbrunn kommt das auch heute noch vor. Aber nicht etwa, weil frische Brötchen Mangelware sind. Ein großer Korb steht voll damit jeden Morgen im Laden der Bäckerei Barchmann. „Viele Kunden aber möchten am Sonnabend warme Semmeln und warten deshalb auf den Nachschub direkt aus dem Ofen“, erklärt Horst Peschel. Seit August 1994 führt der Bäckermeister das Geschäft, welches seinem Schwiegervater gehörte. Seit 1892 gibt es die Bäckerei. Mit René Peschel, der 1995 im elterlichen Betrieb lernte, ist die fünfte Generation dabei.

Brot wird hier wie eh und je gebacken. In reiner Handarbeit und ohne Zusatzstoffe. Den Natursauerteig züchtet Horst Peschel selbst. Bei normaler Temperatur braucht der Teig fünf Stunden zum Reifen. Jetzt bei der Hitze geht es schneller. Stückweise wird von der Masse etwas Teig, das sogenannte Anstellgut, abgenommen und zu Misch- oder dunklem Brot verarbeitet. Mit neuen Zutaten versehen, gärt der Rest des Teigs weiter. Alle Vierteljahre wird eine neue Mischung angesetzt. Ob Kunden schmecken, dass es sich um Natursauerteig handelt, vermag der 58-Jährige nicht zu sagen. Für ihn sei es Handwerkerehre und Tradition. Neben Mischbrot bietet er Malzkorn-, Mischkorn-, Kartoffel- und Sauerkrautbrot an, wobei die letzten beiden Sorten derzeit die Renner sind.

Als eine von nur noch vier Bäckereien in Ostsachsen hat die in Schönbrunn einen alten traditionellen Backofen stehen, der wird mit Holz und Kohle befeuert und beheizt beinahe das ganze Haus. Es gibt aber niemanden mehr, der solch einen Ofen reparieren könnte. Moderne Backöfen werden elektrisch, mit Gas oder Öl beheizt, sind in einer Viertelstunde betriebsbereit. Man kann abends Bleche mit Teiglingen hineinschieben und den Ofen programmieren, dann bäckt er zur gewählten Zeit. Zwei Stunden länger schlafen bedeutet das. Dafür kostet die Investition eine ordentliche Stange Geld.

Arbeitsstart um 3 Uhr morgens

Um den traditionellen Backofen auf Touren zu bringen, müssen Peschels wie die Generationen vor ihnen früh aufstehen. 3 Uhr morgens, abgesehen vom Sonntag und dem Ruhetag am Montag. Freitag und Sonnabend klingelt der Wecker bereits 1.30 Uhr. Früher standen sie alle 14 Tage montags auf, um dunkles Brot zum Verfüttern zu backen. Für 80 Pfennig das Stück. „Zu DDR-Zeiten hat das keinen gejuckt“, sagt Horst Peschel. Die Zeiten waren eben so, aber glücklich habe ihn als Bäcker das nicht gemacht.

Seine Semmeln sind „keine aufgeblasenen Luftballons“. Vater und Sohn backen nach alten Familienrezepten. Wie den Kranzkuchen mit Persipan. Oder die Pfannkuchen. Deren Teig besteht nicht aus Fertigmehl, sondern wird aus einzelnen Zutaten zusammengerührt. Zum Backen verwenden sie Schweineschmalz statt Öl, was vollkommen anders schmeckt. Kuchen werde heutzutage ja gar nicht mehr so viel gegessen, erklärt der Schönbrunner, der selber „ein herzhafter Typ“ ist und eine Hackepetersemmel bevorzugt. Sohn René kann bei Zuckerkuchen nicht Nein sagen.

Aus allen Dörfern ringsherum haben die Kunden früher in der Bäckerei Barchmann gekauft oder kamen zum Stollenbacken. Inzwischen mache sich bemerkbar, dass viele Leute anderswo arbeiten und ihren Einkauf gleich aus dem Supermarkt von unterwegs mitbringen. Auch das Brot. Es könnte ja sein, dass es beim Bäcker in Schönbrunn keins mehr gibt. Horst Peschel ärgert sich über dieses Vorurteil. Das sei schon lange nicht mehr so, sagt er. Als 2012/13 die Ortsdurchfahrt Schönbrunn wegen Abwasserbau lange Zeit gesperrt war, verlor die Bäckerei etliche Kunden. Dass es in dieser Zeit von niemandem Unterstützung gab, das stößt dem Bäckermeister noch immer bitter auf. Inzwischen macht die aggressive Werbung einer Supermarktkette, die selber bäckt, das Leben dem Bäckermeister zusätzlich schwer. Nicht nur die Zeiten, das Verhalten der Menschen hat sich ebenfalls geändert. Zwar kaufen wieder mehr Leute bewusst beim Handwerksbäcker ein, doch nur freitags und sonnabends. Und in der Urlaubszeit sind jetzt weniger Kunden da.

Schwitzen am Ofen

Trotzdem kann sich Hort Peschel keinen anderen Beruf vorstellen. Auch seine Frau Undine nicht, ebenfalls gelernte Bäckerin. Für Sohn René, der quasi in der Backstube aufwuchs, kam nichts Anderes infrage. Gegen 5 Uhr stehen schon die ersten Kunden am Backofen, auf dem Weg zur Arbeit oder auf einen Schwatz. „Im Winter beneidet uns jeder um den warmen Arbeitsplatz. Jetzt bei der Hitze will keiner mit uns tauschen“, erzählt der 36-Jährige. In der Backstube sind es locker 36 Grad Celsius, direkt am Ofen weit über 40. Da müsse man eben durch und viel trinken.

Anderswo eine Filiale betreiben Peschels nicht. Damit sie über die Runden kommen, bieten sie seit einigen Jahren in der Bäckerei Barchmann einen Partyservice an.