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Puppendoktor Ingrid hat viele Talente

Sie kam in der Wendezeit aus Bayern nach Pirna, gründete den Kunstverein. Ingrid Tobaschus malt, kann aber noch viel mehr.

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© Norbert Millauer

Von Peter Salzmann

Oberposta. Das Gespräch wird lebendig, wenn Ingrid Tobaschus vom Pleinair spricht. Seit 1999 treffen sich Mitglieder des Kunstvereins Sächsische Schweiz und der Deciner Maler-Bürgervereinigung Nordböhmens zum Malen im Freien, erklärt sie. Die Gründerin des Kunstvereins betont: Skupina 96 habe längst über die Landesgrenzen Tschechiens hinaus einen Namen.

Dem Andenken von Maler Josef Stegl widmete Ingrid Tobaschus ein Pleinair.
Dem Andenken von Maler Josef Stegl widmete Ingrid Tobaschus ein Pleinair.

„Stegl’s Pleinair“ ist dem Andenken von Josef Stegl (1895-1966) gewidmet, „dessen Landschaftsbilder friedliche Ruhe ausstrahlen und der durchaus mit dem sächsischen Spätromantiker Ludwig Richter verglichen werden kann“, so Tobaschus. Das Pleinair führt Maler beider Länder zusammen. „Mit unseren Bildern reagieren wir auf die einzigartige Natur des Elbsandsteingebirges und des oberen Elbtales“, sagt Ingrid Tobaschus, die in ihrem Oberpostaer Haus neben eigenen Blumenbildern auf Karton, Seide und Leinen auch Sandsteingebilde und Felsgestalten in Aquarell und Acryl verewigt hat. Seit 1997 führte Frau Tobaschus den Kunstverein Sächsische Schweiz und übergab 2008 den Vorsitz an Brigitta Maria Arnold, die ihre Vorgängerin sehr schätzt, „weil sie den Verein über schwierige Zeiten hinweg am Leben gehalten hat“. Heute zählt der Kunstverein 30 Mitglieder.

Frohnatur bekommt viel Beifall

Sie sei keine Künstlerin, schränkt Ingrid Tobaschus bescheiden ein. Kaum zu glauben, wenn man ihre Karriere kennt. Die Frohnatur – „bewegen, nicht rumjammern“ – hat als Schneiderin einen Beruf, der ihr als Kostümbildnerin und Gewandmeisterin sehr zu passe kam. Ob an den Bühnen in Göttingen, Hamburg, Bremen oder in der Stiftsruine Bad Hersfeld: Für ihre Entwürfe für Henzes „Der junge Lord“, Mozarts „Figaros Hochzeit“ oder Goldonis „Mirandolina“ zum Beispiel habe es viel Beifall gegeben. Die 81-Jährige kommt ins Schwärmen: „Ich habe tolle Schauspieler und Sänger kennengelernt, die ich als Gewandmeisterin betreuen durfte.“ Sie nennt Namen wie Heinz Rühmann, Albin Skoda und Erwin Stahl.

Ihrem handwerklichen Geschick ist es zu danken, dass sie in Pirna ab 1990 als „Puppendoktor Ingrid“ viele Kinder glücklich machen konnte. Ein Loch im Kopf, zerrissene Kleidung, ausgefallene Haare bei Püppis und Teddys brachte sie in Ordnung. Mit manchem Ratschlag konnte die Gewandmeisterin helfen, auch Johannes Seelig, der als „Schnitzer vom Sonnenstein“ den legendären Canaletto in Lindenholz verewigt.

Ingrid Tobaschus lobt ihre Wahlheimat Pirna, vor allem „die Kreativität vieler Leute“. Damit meint sie auch die Mitglieder des Kunstvereins, dessen Pleinair und Ausstellungen in Bad Schandau, Pirna, Burkhardswalde, in Moritzburg, Pöhl und Mittweida, im tschechischen Decin und Benesor viel Anerkennung fanden. Sie zieht die Augenbrauen hoch, blickt verärgert über die Brille und wird im Ton schärfer: „Es gibt bei uns zu viele Pessimisten und Nörgler, die das Schöne – auch die Pirnaer Altstadt – nicht sehen wollen.“

Ingrid Tobaschus kam 1989 aus Erlangen nach Pirna. Und weil sie in Bayern mit ihrem Mann Helmut keine Perspektive mehr fand, gründete sie in der Dohnaischen Straße eine Kunststube. Vor Schicksalsschlägen haben beide nie kapituliert, auch nicht vor dreimaligen Hochwasserkatastrophen. „Aufgegeben haben wir nie.“