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Publikum feiert grandiose Premiere

Ein minimalistisches Bühnenbild lässt die Facetten des Stücks erst richtig wirken. Der Einsatz des Chors ist sehr geschickt.

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© Theater

Von Gabi Gelbrich

Döbeln. Stumm betritt ein Zug gebeugter, koffertragender Personen die Bühne. Schritt um Schritt füllt sich langsam die weiße Wand im Hintergrund mit diesen Geschöpfen, die für den Zuschauer nur als schwarze Silhouetten sichtbar sind. Doch nur wenig später bekommen die anonymen Schattenmenschen Gesichter. Und schon ist das Publikum mitten im Geschehen. In den nächsten Stunden wird es in den Strudel des Lebens des kleinen ukrainischen Dorfs Anatevka gezogen. Im Mittelpunkt steht der Milchmann Tevje mit seiner Frau Golde und den fünf Töchtern.

Drei von ihnen werden unter die Haube gebracht. Doch keines von den Mädchen wird sich an das halten, was Vater, Mutter und die Tradition von ihnen verlangen. Am Ende kommt der Pogrom – alle müssen Anatevka innerhalb von drei Tagen mit gepackten Koffern verlassen. Dies ist kurz umrissen, der Inhalt des Musicals „Fiddler on the Roof“ von Joseph Stein, Jerry Bock und Sholdon Harnick, das, 1964 in New York uraufgeführt, zu einem der erfolgreichsten Musicals wird.

Und die Inszenierung in Döbeln? Die Premiere am Sonnabend ist ein voller Erfolg. Es stimmte einfach alles. Arila Siegert (Inszenierung und Choreografie) erzählt die Geschichte mit wunderbarer Leichtigkeit ohne an irgendeiner Stelle oberflächlich zu werden. Immer wieder taucht das starke Bild des gepackten Koffers auf.

Diese Inszenierung hat Platz zum Atmen. Marie-Luise Strandt setzt das Bühnenbild nach den Entwürfen von Grit Dora von Zeschau im Theater um: Ein weißer Raum mit schwarzen horizontalen Streifen in der Galerie – eine klare, minimalistische Formsprache, die die Gestalt eines jüdischen Gebetsschals aufgreift. Diese Bühne lässt nun dem Ensemble Platz und Raum für eine facettenreiche, hingebungsvolle Darstellung. Allen gebührt hierfür großes Lob und Hochachtung, sodass es schwerfällt, einzelne Solisten hervorzuheben. Aber die beiden Protagonisten Sergio Raonic Lukovic als Milchmann Tevje und Susanne Engelhardt als seine Frau Golde tragen in ihren Rollen glänzend mit ihrer Spielfreude durch das Musical und reißen alle anderen mit. Ein gekonnter Schachzug der Macher des Stückes bleibt der Einsatz des Chors, der nicht nur chorsolistisch, sondern auch tänzerisch und nicht zuletzt schauspielerisch am Erfolg des Stückes einen großen Anteil hat. Das Orchester unter Leitung von Alexander Livenson ist wesentlich am Triumph beteiligt. Das Publikum ist begeistert und spendet über zehn Minuten mit Bravorufen und stehenden Ovationen Applaus. In Döbeln wird Anatevka nochmals am 21. Mai gezeigt.