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Protest gegen Ende der Waldorfkita

Ohne jede Vorankündigung kippt der Träger der Einrichtung das Konzept. Die Eltern lassen sich das nicht gefallen – und planen bereits eine Alternative.

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© Uwe Soeder

Frances Scholz

Bautzen. Sie haben ein Banner gebastelt. Sie wollen ihrem Ärger Luft machen. Denn für die Eltern der Bautzener Waldorfkita begann das Jahr mit einem Schock. In einer Eltern- Versammlung wird ihnen mitgeteilt, dass es das Waldorfkonzept in der Kita an der Jordanstraße ab Sommer nicht mehr geben wird. „Wir wurden davon völlig überrascht“, sagt Tina Pätzold, deren zwei Töchter die Einrichtung besuchen. Bisher war die Bautzenerin mit der Kita immer zufrieden. „Das Waldorfkonzept gefällt uns und auch den anderen Eltern. Viele haben die Kita ja extra deswegen gewählt.“

Neue Leiterin eingesetzt

Die Bautzener Waldorfkita gibt es seit zehn Jahren. Träger ist das Berufsbildungszentrum Bautzen (BBZ). Der Verein betreibt seit knapp einem Jahr auch die Kita „Klettermaxe“ an der Löbauer Straße. „Unseren Kindergarten auf der Dr.-Peter-Jordan-Straße wird es weiterhin geben, aber nicht nach der Philosophie von Rudolf Steiner“, bestätigt BBZ-Vorstandsmitglied Thomas Stahn. Rudolf Steiner entwickelte die Waldorfpädagogik. Wichtigster Ansatz ist die Nachahmung. Den Kindern wird dabei durch Tun und Schaffen der Erzieherinnen ein Vorbild gegeben. „Die Kinder können sich dadurch anders entfalten. So bekommen sie die Möglichkeit sich auf das Wesentliche und die Natur zu beschränken“, sagt die 39-jährige Tina Pätzold.

Besonders überrascht sind die Eltern auch von der Entscheidung des BBZs, sofort eine neue Kitaleiterin einzusetzen. „Wir kamen eines Tages in die Kita und da hing nur ein Zettel aus mit dem neuen Namen. Das war noch vor der Elternversammlung“, sagt Peggy Richter, deren Sohn in die Waldorfkita geht. Dieses Vorgehen können die Eltern nicht verstehen. „Es ist die Art und Weise, wie mit uns und den Kindern umgegangen wird. Es wird einfach über unsere Köpfe hinweg entschieden. Wir haben das Gefühl: Waldorf ist plötzlich nicht mehr gewollt“, sagt Tina Pätzold.

Bestandteile des Konzepts sollen bleiben

Das BBZ bestätigt, dass eine kompromisslose Umsetzung der Waldorfpädagogik nicht mehr möglich sei. „Das schränkt uns als Träger hinsichtlich der bestehenden gesetzlichen Anforderungen, der Zugangsvoraussetzungen zukünftiger Kinder sowie der Gleichbehandlung der Mitarbeiter im Unternehmen zunehmend ein.“ Als Unternehmen unterliege man zudem sich stetig verändernden Anforderungen und müssen auch im Sinne der Qualitätsentwicklung flexibel reagieren können, erklärt Thomas Stahn. Das BBZ will den Eltern trotzdem entgegenkommen. „Wichtig ist uns, mehrheitlich gewünschte Bestandteile in das neue Konzept einfließen zu lassen. Diese werden aktuell per Elternfragebogen erhoben“, sagt Thomas Stahn. Im Interesse des Unternehmens liege auch, die Kinder weiterhin durch eine hauseigene Küche mit ökologisch ausgewogener Ernährung zu versorgen.

Für die Eltern ist das keine zufriedenstellende Lösung. Sie fühlen sich von der plötzlichen Entscheidung des BBZs erpresst. „Wir haben doch gar keine Möglichkeit in eine andere Einrichtung zu wechseln. Denn die Kitaplätze in Bautzen sind eh schon knapp. Wir müssen nun einfach ein neues Konzept akzeptieren, aber wissen noch nicht mal dessen Inhalte“, ärgert sich Peggy Richter.

Geeignetes Objekt gesucht

Auch Frank Krostag-Florian, der in den vergangenen vier Jahren Elternsprecher der Waldorfkita war, sieht das so. „Deswegen wollen wir jetzt einen eigenen Verein gründen und dann eine eigene Kita um das Waldorfkonzept fortzuführen“, sagt er. Nun sind die Eltern auf der Suche nach einem geeigneten Objekt. „Aktuell sind wir 35 Eltern, die sich für eine eigene Kita einsetzen. Für die Einrichtung bräuchten wir etwa 250 bis 300 Quadratmeter“, weiß Frank Krostag-Florian. Sobald der Verein gegründet ist, wollen er und die anderen Eltern bei der Stadtverwaltung vorsprechen, um in den Kitabedarfsplan aufgenommen werden zu können.

Tina Pätzold und die anderen Eltern hoffen, dass ihre Idee umsetzbar ist. „Wenn es keine Waldorfkita mehr in Bautzen gäbe, wäre das ein großer Verlust für die Stadt“, sagt die Grundschullehrerin.