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Protest gegen Baumfällung

An der Bautzener Taucherstraße wurden vor der Sanierung mehr als 20 Ahornbäume gefällt. Anwohner sind empört und fordern ein Umdenken.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Arndt

Bautzen. Der Lärm der Motorsäge ging Matthias Runge nicht aus dem Kopf. Der fortschreitende Schwund von Bäumen in seinem Viertel raubte dem Bautzener vergangene Woche den Schlaf. Am Donnerstag und Freitag fällten Mitarbeiter der Beteiligungs- und Betriebsgesellschaft Bautzen (BBB) mehr als 20 Ahornbäume an der Taucherstraße. Es handelte sich dabei um die Vorbereitungen für die Sanierung des gepflasterten Abschnitts zwischen der Weigangstraße und der Löbauer Straße. Matthias Runge tut es in erster Linie um das Straßengrün leid. Deshalb setzte er sich früh an den Computer und fertigte Zettel mit der Aufschrift: „Ahorn, gepflanzt 1977, gefällt 2017, Du fehlst uns. Die Hinterbliebenen des Viertels“. Die Blätter klebte er an die Warnbarken vor den Baumstümpfen. Eine Mini-Aktion, mit der der Ausstellungsdesigner auf eine schleichende Entwicklung aufmerksam machen will.

Mit Beileidsbekundungen vor den Baumstümpfen protestieren Anwohner gegen die Fällungen.
Mit Beileidsbekundungen vor den Baumstümpfen protestieren Anwohner gegen die Fällungen. © Uwe Soeder

Das Villenviertel zwischen Wallstraße, Löbauer Straße, Paulistraße und Jordan-Straße habe einen hohen Wohnwert, aber es fehlten mehr und mehr die Bäume, beobachtet der 54-Jährige. Zum Beispiele stoße man rund um die Maria-und-Martha-Kirche auf viele Baumstümpfe. Auch sehe man an den Aussparungen der Gehwege, wo einst Bäume gestanden hatten. „Besonders dramatisch sieht es an der Paulistraße aus, wo nur noch die Rudimente einer Allee stehen“, bedauert der Anwohner. Bei dem Stück an der Taucherstraße befürchtet er Ähnliches: Im bereits sanierten Abschnitt sehe man, dass nur ein Bruchteil der Bäume nachgepflanzt wurde. „Ich hoffe, dass da mit der neuen Stadtregierung mehr möglich ist“, sagt Matthias Runge.

Die Bäume werden vor Ort gebraucht

Seit geraumer Zeit setzt sich der 54-Jährige mit einem Dutzend weiteren Bautzenern im Rahmen des 2015 ins Leben gerufenen Projektes „Engagierte Stadt“ für mehr Grün in der Spreestadt ein. Dabei genüge es nicht, für einen gefällten Baum an anderer Stelle eine Ersatzpflanzung vorzunehmen, verneint sein Mitstreiter Olaf Haase. „Wir brauchen die Bäume hier vor Ort“, sagt er mit Nachdruck. Sie seien Schattenspender, Sauerstoffproduzent, Vogelbrutstätte. Die Bäume sorgen im heißen Sommer für ein angenehmes Klima für die Fußgänger und Radfahrer. „Die Taucherstraße wurde Mitte der 70er Jahre saniert, davor gab es 117 Bäume“, nennt Olaf Haase ein Beispiel. „Jetzt stehen hier nur noch 38“, bedauert er. Für ihn ist eines wichtig: „Die Taucherstraße muss wieder den Charakter einer Allee bekommen“, fordert er.

Olaf Haase, der beruflich im Chor der Landesbühnen Sachsen singt, liegen die Bäume im Wohngebiet zwischen Pauli-, Jordan-, Taucher-, Wall- und Löbauer Straße sehr am Herzen. Er hat sich deshalb die Zeit genommen, ist durch die Straßenzüge gegangen und hat sie alle akribisch in eine Karte eingetragen. Auf 334 Straßenbäume ist er gekommen. Bepflanze man die Aussparungen an den Gehwegen und setze alleenartig den alten Beständen neue Bäume gegenüber, würde sich das Straßengrün im Wohnviertel mit 584 Bäumen fast verdoppeln, ist aus dem Stadtplan von Olaf Haase herauszulesen. Diesen wollen die beiden Bautzener nun der Baubürgermeisterin Juliane Naumann (parteilos) schicken und so auf das fehlende Stadtgrün aufmerksam machen.

Kein Platz für mehr Grün

Bei seiner Untersuchung sind Olaf Haase Kuriositäten aufgefallen. So ist für ihn unverständlich, dass es ganz und gar baumlose Abschnitte gibt – etwa auf der Mättigstraße zwischen Martin-Hoop-Straße und der Karl-Liebknecht-Straße. Ebenfalls irritiert ihn, dass auf der Taucherstraße dicht neben den Laternen neu gepflanzt wurde. Es sei doch abzusehen, dass die Bäume wegen der Lampen immer wieder ausgeästet werden müssen, bemerkt Olaf Haase.

Im Mai soll die Taucherstraße saniert werden. Die gefällten Bäume seien im Wuchs geschädigt und von Schädlingen befallen gewesen, attestierte Falko Wendler, Amtsleiter für Hoch- und Tiefbau, bereits im vergangenen Jahr. Die Pflanzen seien zweimal untersucht worden, von der BBB und von einem externen Gutachter. Für die gefällten 22 Bäume würden später 18 nachgepflanzt. Weil im Zuge der Sanierung die Parkbuchten neu aufgeteilt werden, ist laut Stadt für mehr Grün kein Platz.