Merken

Protest gegen Asylheim in Neukirch

Hunderte Menschen demonstrieren gegen die Pläne des Landratsamtes. Nur kurz schreitet die Polizei ein.

Teilen
Folgen
© Regina Berger

Von Carolin Menz

Als es dunkel ist, gehen Neukircher auf die Straße. Sie treffen sich zwischen ehemaligem Hofgericht und Rittergut. Junge Männer, Ehepaare, Senioren, Familien mit Kindern sind gekommen, um gegen das geplante Asylbewerberheim im ehemaligen Lehrlingswohnheim an der Oststraße zu protestieren. Es sind mehr als gedacht. Mit 100 Teilnehmern war gerechnet worden. Nach Polizeiangaben sind es 350 Menschen, die Sonnabend gekommen sind. Einige halten Transparente. „Asylantenheim. Wir sagen nein!“ steht darauf oder: „Neukirch bleibt deutsch.“ Etwas abseits steht eine Mutter mit zwei Kindern. Sie hat auf ein Schild geschrieben: „Bitte flüchten Sie weiter. Es gibt hier nichts zu wohnen.“

Die Demonstranten folgten einem Aufruf zur „Protest-Demo“, den sie im Briefkasten hatten. Anlass ist der begonnene Umbau des Lehrlingsheims zur Asyl-Unterkunft. Verantwortlich für den Inhalt des Schreibens, das Bezug zu den antiislamischen Demos in Dresden nimmt, ist Simon Richter. Als Parteiloser saß er bis Frühjahr für die NPD im Radeberger Stadtrat. Er fungiere als „Moderator des asylkritischen Protests“, sagte er. Wie auch in Ottendorf-Okrilla, wo Leute auf die Straße gehen. Technik dafür brachte er mit. Mikros, Megaphone, Lautsprecher. Und schwarz gekleidete Ordner. Sie tragen weiße Armbinden.

Gemeinde ist bereit zur Aufnahme von Asylbewerbern

Angemeldet hat die Demonstration Neukirchs Gemeinderat Eberhard Wolf (Freie Wähler). Von Beginn an Gegner einer Flüchtlingsunterkunft hier. Er ist der erste, der ans Mikro tritt, das an diesem Abend allen offen steht. Er sei gegen das Asylheim, fühle sich von der Kreisverwaltung überrumpelt, sagt er. Anschließend spricht Simon Richter von „verfehlter Asylpolitik“. Als er das Mikrofon für Neukircher frei gibt, dauert es einige Minuten, bis ein Mann vor die Menge tritt. Er fürchte um Sicherheit und Sauberkeit, wenn Asylbewerber kommen, sagt er. Ihm folgt eine zweifache Mutter. „Erzieher kämpfen um Betreuungsschlüssel, Lehrer für mehr Geld. Doch nur ein Thema zählt: Asylanten“, ruft sie. Vier Neukircher sind es insgesamt, die ihren Unmut aussprechen gegen Pläne des Landkreises, wonach in Neukirch im April die ersten von 90 Flüchtlingen ankommen sollen. Die Gemeinde will vor Gericht den Baustopp im Ex-Lehrlingsheim erreichen, da die Baugenehmigung Mängel aufweise. Bürgermeister Gottfried Krause (CDU) bekräftigte Ende vergangener Woche erneut, dass die Gemeinde bereit sei, 50 Asylbewerber aufzunehmen. Vom Protest am Sonnabend hatte er sich distanziert.

Der Moderator ruft zum Protest-Zug zur Oststraße. Fast alle gehen mit. Die Polizei sichert den Zug ab. Plötzlich wird es laut. Männer in den vorderen Reihen brüllen durch die Megaphone „Keine Asylheime“. Die Masse läuft leise mit. Vereinzelt schallen ausländerfeindliche Parolen in die Dunkelheit. Eine Polizistin springt zu einem der Ordner, macht eine Ansage: „Die Bälle flach halten, bitte.“ Es bleibt das einzige Mal, dass die Polizei einschreitet. Der Protest verläuft friedlich. Beamte der Bereitschaftspolizei und des Bautzener Reviers sind im Einsatz. Rund 20 sind es offensichtlich. Weitere gäbe es im Hintergrund, heißt es von der Polizei. Angaben dazu, wie viel Beamte beim Asyl-Protest vertreten sind, gäbe es aus taktischen Gründen nicht.

Angekommen am geplanten Asylheim ist der Protest beendet. Die Menge löst sich auf. Die meisten Demonstranten gehen zu Fuß nach Hause. Auswärtige Asylgegner sind offenbar nicht gekommen nach Neukirch. Die Polizei bilanziert eine friedliche Demo, ohne Ausschreitungen. Eine Gegendemonstration gab es nicht. Die Initiatoren des Asyl-Protestes rufen Neukircher auf, erneut auf die Straße zu gehen.