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Prostituierte scheuen die Beratung

Die Verunsicherung unter den Sexarbeiterinnen ist groß, da ein neues Gesetz kommt. Schon jetzt spüren Experten die Folgen.

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© dpa

Von Julia Vollmer

Kondompflicht, Gesundheitsberatung, Gespräche über mögliche Ausbeutung – das neue Prostitutierten-schutzgesetz soll den Sexarbeitern eigentlich helfen. Doch an der Ausführung gibt es viel Kritik von Experten und den Betroffenen selbst. Bundesweit gilt es seit 2017, das sächsische Ausführungsgesetz wird bis Sommer erwartet.

Sibylle Homt, Sozialarbeiterin im Gesundheitsamt, kennt die Probleme der Frauen. Sie arbeitet jeden Tag mit ihnen zusammen und berät viele seit Jahren. Das passiert bisher freiwillig, kostenlos und vor allem anonym. „Dieses Angebot wurde bisher gut genutzt, und es hat sich über die Jahre ein Vertrauensverhältnis aufgebaut“, so Homt. Doch die Frauen und Männer, etwa 500 arbeiten in Dresden als Sexarbeiter, sind verunsichert wegen des neuen Gesetzes und bleiben den Beratungen mehr und mehr fern. „Bisher kamen etwa 150 Frauen im Jahr in unsere Beratungsstelle, jetzt schon 50 weniger“, beobachte sie. Neben deutschen Frauen arbeiten in Dresden vor allem Ungarinnen, Rumäninnen und Thailänderinnen in dem Gewerbe. Neben den zwei bekannten und gemeldeten Bordellen gibt es rund 150 Wohnungen, in denen Prostituierte ihre Dienste anbieten, so die Stadtverwaltung.

Sibylle Homt will die Menschen auch weiterhin anonym und kostenlos beraten. Doch das neue vorgeschriebene Gespräch mit den Behörden darf nicht anonym durchgeführt werden, da die Gesundheitsberatung Voraussetzung für die künftige Anmeldung ist. Deshalb wird diese neue Beratung auch künftig in einer anderen Stelle durchgeführt. Der Grundgedanke der neuen Regeln ist, Sexarbeiter zu schützen, vor Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. In Sachsen soll für Beratung und Anmeldung als Prostituierte eine Gebühr gezahlt werden, wenn das sächsische Ausführungsgesetz beschlossen wird.

Bis zu 175 Euro pro Jahr könnten insgesamt zusammen kommen, rechnet Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) vor. „Ich sehe die Gebühren kritisch. Der Schutzgedanke des Gesetzes wird so eher unterwandert“, so Sibylle Homt. „Um Schutz zu erfahren, sollen die Frauen und Männer Gebühren bezahlen.“ Es bestünde eher die Gefahr, dass sie illegal weiterarbeiten, um nicht erkannt zu werden und die Kosten zu umgehen. Das sieht auch Christian Willnow von der Aidshilfe.Und: „Welche Studentin will schon ihre Daten angeben?“