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Prominenter Protest gegen Palais Riesch-Pläne

Eine der letzten Neumarkt-Lücken wird zugebaut. Der Investor will eine moderne Variante und bekommt Gegenwind.

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© Visualisierung: CG-Gruppe

Von Lars Kühl

Sie haben in und um Dresden einen guten Namen. Den nutzt eine Gruppe von Prominenten und baut jetzt Druck auf. Druck auf den millionenschweren Investor für das Quartier Hoym, zu dem neben dem gleichnamigen Palais als Leitbau an der Landhausstraße auch das Palais Riesch an der gegenüberliegenden Rampischen Straße gehört. Das Areal ist eine der letzten großen Lücken am Neumarkt. Hier, wo der Dresdner besonders kritisch wacht, was gebaut werden soll.

Ein wichtiger Teil des Vorhabens gefällt vielen nicht. Denn während das Hoym sein historisches Antlitz zurückerhalten soll, sieht die CG-Gruppe aus Berlin für das Riesch als zweites prägendes Haus des Vierflügelhofes mit elf einzelnen Objekten eine moderne Fassung vor. Als Begründung führt Geschäftsführer Christoph Gröner Gutachten an. Bei einer Gestaltung nach historischem Vorbild wären die Räume für Wohnzwecke ungeeignet: zu hoch, zu dunkel und zu wenig belüftet.

Das wollen die Unterzeichner eines offenen Briefes nicht akzeptieren. 28 Personen – bekannt durch ihr Wirken als Architekt, Denkmalschützer, Bauexperte oder einfach nur Künstler, Wissenschaftler, Politiker und Geschäftsmann – protestieren gegen die Riesch-Pläne. Zu ihnen zählen der Dokumentarfilmer Ernst Hirsch, Tatort-Schauspieler Jörg Hartmann, der ehemalige Landeskonservator Heinrich Magirius, Sänger Peter Schreier, Ex-Baubürgermeister Gunter Just und der frühere DVB- und Drewag-Chef Reiner Zieschank. Viele von ihnen sind Dresdner oder haben zumindest einen Bezug zur Stadt und großes Interesse an deren Entwicklung.

Das Schreiben richtet sich an Gröner, der im Sommer vorigen Jahres öffentlich versprochen hatte, das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Altstadt-Juwel als Ensemble originalgetreu wiederaufzubauen. „Vorbildlich historisch“ – so wirbt die CG-Gruppe auf ihrer Internetseite immer noch für das Projekt. Und genau das fordern die Prominenten jetzt von Gröner. „Dieser selbst gesetzte Anspruch soll und muss Maßstab Ihres Handelns sein.“

Als wichtigsten Grund führen sie an: Glaubwürdigkeit in und für diese Stadt. „Sie engagieren sich mit ihren Projekten an verschiedenen, zumeist exponierten Stellen in Dresden.“ Unter anderem plant die CG-Gruppe anstelle der alten Oberpostdirektion eine „Residenz“ am Postplatz. „Bauen gegen den Willen einer großen Bevölkerungsmehrheit dürfte auf Dauer auch wirtschaftlich schwierig sein. Ihr Vorgehen am Neumarkt wird sich dafür als entscheidend erweisen.“

Mit ihren Unterschriften weisen die 28 auf die „herausragende Bedeutung“ der beiden Palais-Bauten für das Musikleben in der Stadt hin. So hatten die 1830 gegründete „Harmonie“-Gesellschaft sowie das 26 Jahre später ins Leben gerufene Dresdner Konservatorium dort ihr Domizil und zeitweilig bis zu 1 500 Schüler und Studenten. Außerdem bot die Rampische Straße mit ihrem Blick auf die Frauenkirche als Ensemble „eines der schönsten Stadtbilder Europas“, wie es der unbeugsame Dresden-Bewahrer Fritz Löffler einst sagte.

Für den Bauherrn sei das eine „immense Verantwortung“, aber auch „einzigartige und unwiederbringliche Chance“, „vorbildlich historisch“ zu rekonstruieren. „Jedes zeitgeistige Fassaden-Design, das aktuellen Zweckmäßigkeitserwägungen Rechnung trägt, wäre im Kontext des Umfeldes zusammenhanglos, unverständlich und destruktiv“. Die Gelegenheit sei selten, „an einem Standort mit internationaler Wahrnehmung ein Zeichen für menschlichen Wiederaufbau zu setzen“.

Ob ihr eindringlicher Appell an den guten Willen Gröners unerhört verhallt oder ob der Investor einlenkt, zeigt sich Ende April. Bis dahin lässt die CG-Gruppe den modernen Entwurf von neun Architektenbüros überarbeiten.