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Sarrasani meldet Privatinsolvenz an

André Sarrasani ist zahlungsunfähig. Wie der Magier trotzdem eine neue Show auf die Beine stellt und daran arbeitet, die Tiger zurück auf die Bühne zu holen.

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© Sven Ellger

Von Andreas Weller

Dresden. Der Sommer scheint nicht die Jahreszeit von André Sarrasani zu sein: Im vergangenen Jahr musste der Magier die Insolvenz seiner Sarrasani GmbH anmelden. Gläubiger hatten rund 1,2 Millionen Euro offene Forderungen gegenüber dem Unternehmen. Zwar prüfte der Insolvenzverwalter Dirk Herzig diese und kam am Ende auf „nur“ 600 000 Euro Schulden, doch das Ende der Firma war besiegelt. Parallel lief die Ausstellung „Real Bodies“ in seinem Zelt am Wiener Platz. Doch die plastinierten Leichen lockten kaum Besucher an. Am Ende wurde dieser Versuch, das Unternehmen zu retten, ein dickes Minusgeschäft. Sarrasani sprach später von einer „Fehlentscheidung“, die ihn noch tiefer in den finanziellen Abgrund riss.

Jetzt, knapp ein Jahr später und erneut im Sommer, musste Sarrasani Privatinsolvenz anmelden. 200 000 bis 300 000 Euro Forderungen erwarte er, sagte Sarrasani am Mittwoch auf Nachfrage. Dabei handle es sich um Steuerforderungen des Finanzamtes und offene Kredite bei Banken. Zwar sind das alles Folgen der Insolvenz der Sarrasani GmbH, aber für diese Summen hat André Sarrasani persönlich als Bürge unterschrieben. Der Schritt, auch privat die Hände zu heben, sei folgerichtig. Nur so könne ein richtiger Neustart gelingen. Denn Sarrasani will weiterhin Shows abliefern.

Das Einzige, was vom alten Geschäft bleibe, ist der Name der Dinner-Show. Es wird der letzte Teil der Trilogie „Elements“. Die Premiere ist am 24. November, am neuen Standort Elbepark. Um das zu stemmen, mussten Geldgeber her und Sarrasani suchte fachkundige Berater. Beides fand er. Unter anderen gehört dazu der bekannte Insolvenzverwalter Helgi Heumann, der einer der sechs Gesellschafter in der neuen Sarrasani Entertainment GmbH ist. „Ich habe einen eher geringeren Anteil an Geld eingebracht, dafür aber mein Fachwissen“, so Heumann. Zu den Beratern zählen auch ein Steuerberater und ein Banker. Sarrasanis Mutter Ingrid ist ebenfalls Gesellschafterin. Der Magier ist als Geschäftsführer der Firma angestellt.

Spätestens an dieser Stelle schließt sich der Kreis zur Privatinsolvenz: Denn in dieser darf Sarrasani seine Einkünfte nur bis zu einer bestimmten Grenze für sich behalten. Alles darüber, geht an den Insolvenzverwalter, der später damit die Gläubiger bedient. Demnach ist es für alle Seiten berechenbarer, wenn Sarrasani angestellt ist. „Was für mich bleibt, reicht um Brötchen zu kaufen und die Familie zu ernähren“, so Sarrasani. Ein luxuriöses Leben habe er aber nie geführt, sondern sämtliche Gewinne in seine aktuelle Firma investiert.

Die neue Firma soll mindestens kostendeckend arbeiten, möglichst aber Gewinne abwerfen. Auch diese sollen wieder in das Unternehmen investiert werden, erklärte Heumann. Für die Gläubiger arbeitet also ausschließlich Sarrasani selbst, die Firma aber nicht. Man habe mit 7 500 Besuchern in der Saison kalkuliert. So viele kamen in der vergangenen Spielzeit, die die Sarrasani Event GmbH organisiert hatte – die erste Nachfolgefirma in André Sarrasanis Firmengeschichte. „Die Besucherzahl war eine Katastrophe“, so Sarrasani. „Das war nicht mal die Hälfte der vergangenen Spielzeiten.“ Aber sie ist wirtschaftliche Berechnungsgrundlage für die neue Saison, quasi um nicht erneut eine Pleite zu erleben. Im Vorverkauf seien bereits 1 000 Tickets verkauft worden, obwohl es bisher kaum Werbung gab, Programm und Menü noch nicht feststehen. Das gebe dem Magier Mut, den Neuanfang zu wagen.

Ein wichtiger Bestandteil der Show steht fest. Mit Clown Yello wurde der Vertrag bereits unterzeichnet. Bei anderen internationalen Künstlern stehe man kurz vor dem Abschluss. Mirko Reeh ist als Koch für das Menü ebenfalls gesetzt. Und Sarrasani zuckt es bereits in den Fingern, loszulegen. Er wolle arbeiten. „Ja, ich habe ein paar falsche Entscheidungen getroffen. Aber dafür stehe ich gerade“, betont der Magier. Um das zu erreichen, brauche er im Winter wieder ein volles Zelt.

Ob dieses Mal die weißen Tiger in die Show zurückkehren, ist allerdings noch offen. Diese hat Sarrasani mit dem Geld seiner Gönner und Gesellschafter zwar aus der Insolvenzmasse zurückgekauft, aber sie brauchen noch Zeit. „Wenn man wie ich – ohne Käfig, auf freier Bühne, nur an der Leine – mit Tigern auftritt, muss man mit dem Kopf komplett bei der Sache sein.“ Die Tiere seien sensibel und bemerken die Gemütslage des Dompteurs. „Wir arbeiten daran, sie in die Show einzubauen.“

Heumann stellt in Aussicht: „Wenn es gut läuft, wird das Gehalt von André Sarrasani steigen.“ So könne er mehr abgeben, die Privatinsolvenz in fünf statt der üblichen sechs Jahre abwickeln und früher von den Restschulden befreit werden. Die Geldgeber und Gesellschafter verzichten zwei Jahre lang auf finanzielle Beteiligung. Die Darlehen laufen zinsfrei. Erst danach und wenn das Geschäft gutlaufe, könnten sie eine Beteiligung einfordern. Heumann sagt stellvertretend für die Gesellschafter, dass er sich engagiere, weil er an Sarrasani, die Marke und das Konzept glaubt. „Eine Insolvenz ist das Scheitern einer Aufgabe – nicht das Scheitern einer Person.“