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Prinz Ernst Heinrich und die Kollwitz

Was verband diese beiden ungleichen Menschen. Eine Sonderausstellung im Käthe-Kollwitz-Haus will dem auf die Spur kommen.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Moritzburg. Es ist eine längst notwendige Schau, die das Moritzburger Käthe-Kollwitz-Haus derzeit im Rahmen seiner Projekte zum 150. Geburtstag einer der bekanntesten deutschen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts zeigt. Das letzte Dreivierteljahr ihres Lebens hatte die betagte Kollwitz seit dem Sommer 1944 auf Einladung des Prinzen Ernst Heinrich von Sachsen in Moritzburg verbracht. Im nahe dem Schloss gelegenen Rüdenhof der Familie Graf zu Münster – dem heutigen Museum – waren für sie zwei Zimmer eingerichtet worden.

Ausstellungs-Kuratorin Margitta Hensel hat sich auf Spurensuche begeben, um herauszufinden, was den letzten Wettiner auf Schloss Moritzburg und die Künstlerin verband und wie es zu der Einladung kam. Normalerweise kümmert sich die Moritzburgerin um das Fasanenschlösschen und konzipiert Sonderausstellungen für das Hofküchengebäude und im Schloss. So auch die dort 2004 gezeigte Schau „Prinz Ernst Heinrich von Sachsen“, die in enger Zusammenarbeit mit Rüdiger und Daniel von Sachsen entstanden war.

„Ein Teil des damals zusammengetragenen, aber nicht verwendeten Materials bildete gewissermaßen den Grundstock der jetzigen Ausstellung, die eigentlich längst überfällig war“, sagt Margitta Hensel. Und Museumschefin Sabine Hänisch ergänzt: „Uns ist erschreckend bewusst geworden, dass das Thema Prinz Ernst Heinrich und Käthe Kollwitz so intensiv noch nie dargestellt wurde.“

Mit Zeitzeugen konnte die Ausstellungsmacherin bis auf eine Ausnahme allerdings nicht mehr ins Gespräch kommen. Eine alte Dame aus der Region erinnert sich, als Fünfjährige mit ihrem Großvater, der den Prinzen belieferte, im Schloss und in Moritzburg gewesen zu sein. Dabei hatte sie auch mehrmals die kranke Künstlerin besucht. Und so musste Margitta Hensel vor allem weiter nach schriftlichen Quellen suchen, um Spuren zu finden, die sie seinerzeit bei der Ernst-Heinrich-Schau vielleicht übersehen oder nicht weiter verfolgt hatte.

Entstanden ist so eine Ausstellung, die sich in zwei Stränge gliedert. Der eine widmet sich der Kollwitz. Ihren Verbindungen zu Dresden, in der Zeit, als noch nicht absehbar war, dass sie einmal hierher ziehen wird. Ihrem Leben in Berlin, der Flucht vor den zunehmenden Bombenangriffen nach Nordhausen und schließlich der Einladung nach Moritzburg und ihren letzten Lebensmonaten im Rüdenhof.

Der zweite Strang beschäftigt sich mit dem Kunstverehrer und Schlossherren. „Prinz Ernst Heinrich hat sich neben seiner Jagdleidenschaft auch mit Kunst beschäftigt“, sagt Margitta Hensel. Der frühe Tod seiner Frau im Jahr 1941 war für ihn ein schwerer Schicksalsschlag. „In dieser Phase hat er verstärkt Kunst gekauft.“ Darunter auch zahlreiche moderne Künstler.

Persönlich kennengelernt hatten sich die Künstlerin und der Prinz 1943 bei einem Besuch in deren Berliner Wohnung. Wenig später schickt die Kollwitz eine Mappe mit Zeichnungen nach Moritzburg, um sie vor den Luftangriffen in Sicherheit zu bringen. Ihr Sohn schafft ein Dreivierteljahr danach dann weitere Mappen mit 184 Handzeichnungen, Lithographien, Radierungen und Holzschnitten sowie eine Gipsplastik zur Aufbewahrung dorthin. „Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde auch vereinbart, einen harten Kern davon im Falle der Flucht nach Sigmaringen mitzunehmen“, so die Ausstellungskuratorin. Vermutlich wurde dabei auch die Übersiedlung der Künstlerin nach Moritzburg abgesprochen.

Mittels seiner guten Verbindungen zum Roten Kreuz organisiert Prinz Ernst Heinrich schließlich den Transport der Kollwitz nach Moritzburg, wo sie am 20. Juli 1944 eintraf. Am 22. April 1945 starb sie mit 77 Jahren kurz vor dem Ende des II. Weltkrieges an ihrem letzten Zufluchtsort. Übrigens in dem Bett, in dem schon König Georg gestorben war und das Ernst Heinrich aus den Beständen des Schlosses ausgesucht hatte, um die Zimmer im Rüdenhof zu möblieren.

Die Ausstellung ist noch bis zum 5. November zu sehen.