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Preis fürs Schulessen bleibt (fast) stabil

Nur ein Rothenburger Anbieter erhöht um fünf Cent. Die Nachfrage bei den Kindern ist unverändert hoch.

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© André Schulze

Von Frank-Uwe Michel

Landkreis. Der Jahreswechsel ist ein beliebter Zeitpunkt, um Preise „anzupassen“, wie es so schön heißt. Beim Schulessen im Gebiet zwischen Görlitz, Rothenburg, Niesky und Boxberg müssen das die Abnehmer kaum befürchten. Wie eine Nachfrage bei den großen Anbietern ergab, erhöht nur einer seinen Preis - und zwar schon zum 1. Dezember. Perspektivisch könnte es jedoch wieder Preissteigerungen geben. Die SZ sagt, welche Gründe das hat.

Wie hoch ist die Nachfrage nach Schulessen überhaupt?

Nach wie vor hoch. Bei der Firma Rothenburger Verpflegung werden jeden Tag etwa 1 500 Essen hergestellt, bei der MS Menü Service GmbH Hagenwerder sind es zwischen 1 000 und 1 250 Essen für Schul- und Kindergartenkinder. Von der Firma ISS VSG Boxberg werden täglich 400 Schüleressen in den nördlichen Teil des Landkreises geliefert. Die Mitarbeiter im Bürgerhaus Niesky kochen etwa 400 Portionen für Kinder und Jugendliche. Beim Dorfkrug in Sproitz sind es rund 50.

Wie ist aktuell das Preisniveau für das Schulessen?

Die Preise für Grund- und Oberschule/Gymnasium sind unterschiedlich. Die Spanne reicht nach Angaben der Anbieter bei den Kleinen von 2,65 bis 3,00 Euro und bei den Großen von 3,10 bis 3,50 Euro - je nach Art des Angebotes (mit oder ohne Salattheke) und der Ausgabe in den Bildungseinrichtungen (Austeilen durch Schulpersonal oder Angestellte des Unternehmens).

Wer hat erhöht, bei wem gibt es keine Veränderung?

Von den fünf großen im nördlichen Teil des Landkreises Görlitz tätigen Anbietern hat lediglich die Firma Rothenburger Verpflegung ihre Preise erhöht. Hier kostet das Essen in der Grundschule ab 1. Dezember nicht mehr 2,75 sondern 2,80 Euro. In der Oberschule und am Gymnasium zahlen die Schüler ebenfalls fünf Cent mehr: Statt 2,85 dann 2,90 Euro. Sowohl beim Dorfkrug Sproitz (Grundschule: 2,65 Euro) als auch beim Bürgerhaus Niesky (Grundschule: 2,80 Euro; Oberschule: 3,10 Euro für erstes und 3,50 Euro für zweites Wahlessen), bei der MS Menü Service GmbH Hagenwerder (Grundschule: circa 3,00 Euro; Oberschule: circa 3,35 Euro) und bei der Firma ISS VSG Boxberg (keine Angaben) bleiben die Preise aktuell und auch im neuen Jahr unverändert.

Wann ist mit der nächsten Preissteigerung zu rechnen?

Ausschlaggebend dafür, das betonen alle Anbieter, wird wahrscheinlich die nächste Anpassung des Mindestlohnes sein, die für 2019 angekündigt ist. Nicht nur die eigenen Mitarbeiter müssen dann besser bezahlt werden, sondern oft auch jene der Lebensmittelerzeuger und der Transportunternehmen. Dann wird sich zeigen, ob die höheren Kosten aufgefangen werden können oder die Eltern mehr für das Essen ihrer Kinder bezahlen müssen.

Welche Preistreiber gibt es beim Schulessen überhaupt?

Die Einführung und Anpassung des Mindestlohnes steht an erster Stelle. Weitere Einflussgrößen sind die Lebensmittelpreise und die Transportkosten.

Wie haben sich die Rohstoffkosten entwickelt?

Nahezu in allen Lebensmittelbereichen sind die Preise gestiegen. Wer sich bei der Herstellung des Schulessens an der Norm der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiert, kann keine Billigrohstoffe kaufen, sondern muss ein gewisses Qualitätslevel bedienen. Formfleisch und Formfisch fallen heraus, stattdessen werden natürlich gewachsenes Fleisch und Fischfilet eingesetzt. Wie Küchenleiter Andreas Noatsch vom Bürgerhaus Niesky betont, sind Molkereiprodukte wie Milch und Butter sowie Eier im Einkauf preisintensiver geworden, ebenso Gemüse und frisches Obst. Äpfel seien wegen der schlechten Ernte in diesem Jahr um rund 25 Prozent teurer als 2016. Sogar Obstkonserven wie Apfelmus würden mit ständigen Preisanpassungen belegt. „Sollte die afrikanische Schweinepest tatsächlich nach Deutschland vordringen, sind auch im Fleischbereich höhere Preise zu erwarten“, befürchtet Matthias Schmidt, Geschäftsführer der MS Menü Service GmbH.

Wie hoch ist der preisliche Einfluss von Bio- und vegetarischen Angeboten?

Der Anspruch an diese Rohstoffe ist hoch. Und auch der Einkaufspreis. Allerdings besteht nach Angaben der Anbieter bei den Abnehmern eine eher überschaubare Nachfrage in diesem Bereich. Günther Opiela, Inhaber der Rothenburger Verpflegung: „Fleisch- und wurstlose Gerichte, auch Eintöpfe mit Gemüse aus der Region, werden kaum gewünscht. Da wir ein
wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen sind, orientieren wir uns an der Nachfrage - und die sieht anders aus.“ Auch André Dannert, Küchenleiter von ISS VSG Boxberg bestätigt: „Bio wird hier abgelehnt.“ Er führt das aber eher auf den höheren Preis zurück.

Gibt es Möglichkeiten, das Schulessen im Preis stabil zu halten?

Übereinstimmende Meinung der fünf befragten großen Anbieter: Wir arbeiten am Limit. Einsparungspotenzial bei den Kosten gibt es kaum. André Dannert: „Wir haben zwar keinen Mindestlohn, sondern Tarifvertrag. Aber da sind auch Steigerungen enthalten. Wir möchten unsere Mitarbeiter fair bezahlen. Und solange die Qualität stimmt, würde ich für frisch zubereitetes Schulessen auch 3,80 bis 4,20 Euro als okay empfinden“, sagt der zweifache Vater. Andreas Noatsch beschreibt die Schwierigkeiten so: „Früher hat man den Preis oft über die Höhe der Löhne geregelt. Das funktioniert - zum Glück für die Beschäftigten - nicht mehr. Mit dem Einkauf von Lebensmitteln lässt sich das nicht abfangen. Auch an der Qualität kann und darf man nicht sparen. Unsere Branche musste schon immer knapp kalkulieren. Aber auch anderswo werden Preise erhöht. Deshalb werden die Eltern künftige Steigerungen wohl auffangen müssen.“ Holger Theurich vom Dorfkrug Sproitz bringt ein alternatives Finanzierungsmodell ins Gespräch: „Ich wäre dafür, dass die Eltern einen Festpreis, also einen Sockelbetrag, zahlen und der Landkreis, der Freistaat, der Bund oder wer auch immer, den Restbetrag drauflegen würde.“ Denn auch manche Eltern seien am Limit, vor allem dann, wenn sie mehrere Kinder in der Schule hätten.

Würde wegen der Nähe zu Polen der Rohstoffeinkauf dort etwas bringen?

Eindeutig nein. Die Firma MS Menü Service hat das schon zweimal probiert. Das Ergebnis: Man hat die Zusammenarbeit abgebrochen. Matthias Schmidt: „Der Einkauf in Polen ist zu umständlich. Außerdem entspricht das dortige Handelsgebaren nicht unseren Gepflogenheiten.“ Das heißt im Klartext: Ohne Vorauszahlung geht gar nichts. Und wenn keine Waren vorhanden sind, werden weder andere Quellen aufgetan, um den Abnehmer zufriedigen zu stellen, noch wird dieser im Vorfeld darüber informiert. Dann ist plötzlich „Ebbe“ angesagt. „Das kann man so nicht machen. Für uns ist der Rohstoffbezug aus Polen viel zu unsicher“, bekräftigt Schmidt.